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Paul Schultze-Naumburg, „Kunst und Rasse” (1928)


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Kunst und Rasse


Man kann täglich beobachten, daß über Werke der Kunst Urteile gefällt werden, die derartig voneinander abweichen, ja sich so widersprechend gegenüberstehen, daß man ein solches Auseinandergehen der Gefühle kaum für möglich hält. Die landläufige Erklärung, die Geschmäcker seien eben verschieden, kann kaum befriedigen. Denn die Gefühlseinstellung, auf der das Kunsturteil beruht, kann nicht rein zufällig und hier einmal so, dort so ausfallen, sondern es muß ihr etwas Gesetzmäßiges zugrunde liegen, das sich wenigstens in seinen großen Zügen erkennen und aufdecken läßt. Wenn es gelingt, den Nachweis zu führen, daß ein jedes Kunsturteil zu einem Teile wenigstens rassegebunden ist, so käme man dadurch schon ein gutes Stück über das Quälende der anscheinend unbegründeten und daher unverständlichen Widersprüche hinaus.

Es wird zu diesem Zweck zunächst gezeigt, wie unlösbar abhängig die Körperlichkeit des Künstlers zu seinem Werk steht, und wie unmöglich es für ihn ist, aus den Bedingungen seiner eigenen Leiblichkeit herauszukommen. Ist diese enge Beziehung aber erst erkannt, so ist andererseits auch die Umkehrung des Verfahrens gegeben, die aus dem Kunstwerk (oder dem Urteil über solche) Rückschlüsse auf den Künstler (oder den Urteilenden) zuläßt. So lassen sich Aufschlüsse über die rassische Grundlage der Bevölkerung nicht allein aus den Werken der Vergangenheit gewinnen, sondern auch die Gegenwart kann durch die Untersuchung ihrer Kunsterzeugnisse Deutungen erfahren, die manches erklären, was sonst gänzlich rätselhaft bleiben würde.

Meine eigenen Beobachtungen dieser Art gehen in ihren Anfängen fast dreißig Jahre zurück. Bei Änderungen meines Wohnsitzes und Ansiedlung auf dem Lande machte ich eine Reihe von Wahrnehmungen, die ich mir nicht anders erklären konnte, als daß ein gewisses Verhalten, bestimmte Urteile und Fähigkeiten irgendwie an zusammenhängende Menschengruppen gebunden sein müßten, die sich im Aussehen deutlich voneinander unterschieden, örtlich aber mehr oder minder gemischt auftraten. Von Rassenkunde war damals noch wenig bekannt, und so konnte ich nur dem folgen, was deutlich und unverkennbar mit den eigenen Augen zu sehen war: daß hier zwei verschiedene Arten von Menschen zusammen lebten, die ich nach den geschichtlichen Quellen der Örtlichkeit als die Sorben (Wenden) und als die Franken deutete. Die ersteren bildeten die Ureinwohner des Landes und wurden durch die von Süden und Westen herandrängenden Franken unterworfen. Dieser Kolonisationsvorgang steht überall fest. Ich war nur einigermaßen erstaunt, daß die leiblichen und geistigen Grundzüge dieser beiden Bevölkerungen sich trotz eines jahrtausendalten Zusammenlebens derartig erhalten hatten, daß sie sich noch heute deutlich getrennt gegenüberstehen. Da das Erforschen der Eigenart einer jeden dieser Gruppen ganz außerordentlich aufschlußreich war, wandte ich mich aufmerksam der Rassenkunde zu, die damals durch die moderne Biologie mächtig angeregt wurde. Dieses Studium ließ mich seit jener Zeit nicht mehr los. Recht fruchtbar wurde es aber erst, als die nähere Bekanntschaft mit der Erblichkeitslehre hinzutrat, ohne deren Lehren die Beobachtungen des rechten Zusammenhanges entbehrten. Aus einer so klar erschauten und im Zusammenhang erkannten Erscheinung entwickelte sich nun die Bestimmung des homo alpinus und des homo nordicus, deren Vertreter mir als Wende und Franke entgegentraten. Zahlreiche Messungen zeigten mir, daß zum mindesten der vorwiegende Typus sich noch heute in Rundköpfe und Langköpfe einteilen ließ, wenn auch die vielen Mischungen hier die Unterschiede stark verwischt hatten, wie überhaupt der Längen-Breitenindex nicht die Wichtigkeit beanspruchen darf, die ihm noch vielfach zugebilligt wird. Er ist sicher einer der vielen Merkmale der Rasse, nicht aber das Merkmal. Ästhetisch ist er natürlich nicht unwichtig, da das schmale Gesicht des Norden auch den Langschädel fordert, wie ebenso der Habitus des alpinen mit dem Breitschädel harmoniert.

Die rassischen Deutungen waren mir mit der Zeit so geläufig geworden, daß es nicht zu umgehen war, sie mit meinen Facharbeiten in Beziehung zu setzen. Der ursprüngliche Plan, ein Kapitel meiner „Kulturarbeiten“ in deren Neubearbeitung dieser Rassenbetrachtung zu widmen, mußte jedoch aufgegeben werden, da das Thema weit über den Rahmen eines einzelnen Kapitels hinausgewachsen wäre. Ein eigner Band hätte sich indessen dem Grundriß dieses in sich abgeschlossenen Werkes nicht eingefügt, und so folgte ich gern dem Vorschlag des Verlages Lehmann, ihn als besonderes Buch erscheinen zu lassen.

Um es auch selbständig benutzbar zu machen, mußte eine ganz kurze Einführung in die Hauptprobleme der Rassenkunde und der Vererbungslehre sowie in die Grundzüge der Rassenhygiene vorausgeschickt werden. Die mit ihren Lehren Vertrauten werden vielleicht mit Interesse der Behandlung dieser Fragen unter künstlerischen Gesichtspunkten folgen und dabei berücksichtigen, daß selbst in den Kreisen der Gebildeten die Bekanntschaft auch nur mit den Grundzügen fehlt.

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