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Die Goldene Bulle (1356)

Die „Goldene Bulle“ von 1356, so genannt aufgrund des goldenen Siegels, welches die Authentizität des Dokumentes verbürgt, war der erste große Gesetzesakt des spätmittelalterlichen Kaiserreichs und hatte bis 1803 Bestand. Sie wurde durch Karl IV. (1316-78), römisch-deutscher Kaiser seit 1346 und König von Böhmen seit 1347, erlassen. Die Goldene Bulle regelte die Nachfolge auf den kaiserlichen Thron, legte die Zahl der wahlberechtigten Kurfürsten auf sieben fest – vier weltliche (Böhmen, die Pfalz, Sachsen, Brandenburg) sowie drei geistliche (Mainz, Köln, Trier) – und erklärte deren weltliche Besitzungen für unteilbar. Durch die Goldene Bulle erhielt das Heilige Römische Reich mit die ersten Grundzüge der konstitutionellen Struktur, die es für die nächsten 450 Jahre beibehalten sollte. Die hochgradig symbolische Sprache der Einleitung ist (verglichen mit der Sprache des Öffentlichen Friedens von 1495) beachtenswert. Man mag bezweifeln, dass die deutsche Aristokratie mit Verweisen auf Furien aus der griechischen Mythologie zu beeindrucken war, es handelt sich um ein Stilmittel, welches bezeugt, wie sehr neoklassische Bildung in der Kanzlei Karls geschätzt wurde. Gänzlich traditionell gehalten ist dagegen der Teil des Statuts, der sich dem Problem der Instabilität widmet und sich fast ausschließlich an Einzelpersonen wendet statt an Institutionen, wie es erst ab dem 15. Jahrhundert gebräuchlich wurde.

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Die Goldene Bulle von 1356
Das Nürnberger Gesetzbuch. 10. Januar 1356


Allmächtiger, ewiger Gott, einzige Hoffnung der Welt, der du dich als Bildner des Himmels und als Schöpfer des Erdkreises offenbarst, sei eingedenk deines Volkes! Von der Höhe des Himmels herab gib gnädig acht, daß es nicht die Schritte dorthin wende, wo Erinys gebietet, Alecto herrscht und Megära Gesetze verkündet; hilf ihm vielmehr, gütiger Gott, mit der Kraft deines geliebten Sohnes Karl, dieses erlauchten Kaisers, daß es unter seiner gewissenhaften Führung durch paradiesisch grünende Fluren stets blühender Wälder und die seligen Gefilde zu dem heiligen Brunnen gelangen kann, wo die Saaten des Lebens mit göttlichen Fluten beseelt werden und die durch himmlischen Quell erquickte junge Saat nach dem Ausreißen der Dornen gereinigt wird; dann kann die Ernte Sache Gottes sein und hundertfältige Frucht künftigen Lohnes in gewaltigen Scheunen anhäufen.


Kapitelverzeichnis

1. Wie das Geleit der Kurfürsten sein soll und von wem durchgeführt
2. Die Wahl des Römischen Königs
3. Die Sitzordnung der Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz
4. Die Kurfürsten allgemein
5. Das Recht des Pfalzgrafen und auch des Herzogs von Sachsen
6. Vergleich der Kurfürsten mit den anderen gewöhnlichen Fürsten
7. Die Erbfolge der Kurfürsten
8. Die Gerichtsfreiheit des Königs von Böhmen und der Einwohner seines Reiches
9. Die Gold-, Silber- und anderen Bergwerke
10. Die Münzen
11. Die Gerichtsfreiheit der Kurfürsten
12. Die Zusammenkunft der Kurfürsten
13. Widerrufung der Privilegien
14. Entzug der Lehnsgüter Unwürdiger
15. Schwureinungen
16. Die Pfahlbürger
17. Das Ansagen von Fehden
18. Wahleinladungsbrief
19. Bevollmächtigungsformular, das durch einen Kurfürsten zu schicken ist, der seine Botschafter zur Durchführung der Wahl glaubt senden zu müssen
20. Die Einheit der Kurfürstentümer und der damit verbundenen Rechte
21. Die Prozessionsordnung der Erzbischöfe
22. Die Prozessionsordnung der Kurfürsten als Insignienträger
23. Die Segensspendung der Erzbischöfe in Gegenwart des Kaisers

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