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Liebende in Zeiten des Krieges (Juli 1625)

Familien beginnen mit Ehen und Ehen beginnen oft mit Liebenden. Briefe zwischen jungen Leuten sind selten und Briefe zwischen jungen Liebenden noch seltener. 1625 schrieb eine junge Frau aus der Stadt Schmalkalden (früher Landgrafschaft Hessen, seit 1944 Thüringen) den nachfolgenden Brief an ihren Freund, einen Soldaten namens Hans Merten. Während er Kriegsdienst leistete, hatte er ihr eine Locke seines Haares geschickt, die sie, wie unten beschrieben, mit einem goldenen Faden zusammen band. Ihre Schwester, so hat es den Anschein, mochte Hans ebenfalls. Die Verfasserin des Briefes nimmt keinerlei Bezug auf den Krieg, der 1618-19 in Böhmen und Österreich begonnen und in der Zwischenzeit zum fast gänzlichen Sieg der katholischen Streitkräfte geführt hatte. Stattdessen bitten sie und ihre Schwester um Geschenke.

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Mein hertzallerliebster dausent schatz Hans Merdten.

Ich wünsch Euch soviel hundert tausent guter nacht, als sternlein am himmel stehen zwüschen mir und Euch, und soll Euch so viell hundert tausent guter nacht sagen von meiner schwester Osanna, und sie sagt so, Ihr solt ihr auch gedenckhen, und es vergehet kein stundt, Sie gedenckt an Euch, und soll euch viel gutes sagen von all meinen geschwistern, vatter und mutter alle zumahl.

Mein liebster Hans Merdten, den haarzopff, den ihr mir geschickt habt, den hab ich eingenehet mit golt-farber seiden und trag ihn umb mein rechten armb, und dass ich sonst kein ander kurtzweill habe alß mit ewerm hundt, wen er gedenckt, das es will abendt werden, so leufft er in uns[er]e kammer und leget sich unter mein bett unten zun Heupten. Wen es tag wird, so lest er nicht nach biß wir aufstehen. Mein hertzallerliebster schatz, ich bitte Euch gantz demütig umb Gottes willen, ihr wollett mir doch etwas schickhen. Und wir müssen alle stunde hören von den Bürgern, ihr hettet mir 5. Ungrisch fl[oren] geschickt. Und so bitte ich Euch gantz demütig, ihr wollett mir doch was schickhen, mir, und meiner schwester etwas besonderlich.



Quelle: Hessisches Staatsarchiv Marburg, M 1 (Nachlaß Landau)-Nr.725.

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