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Ein schwäbischer Schuster und Bauer, der den dreißigjährigen Krieg überlebt – Hans Heberle (1597-1677)

Hans Heberle (1597-1677) hatte eine Schule besucht, bevor er mit vierzehn eine Ausbildung anfing. Er hatte das Handwerk des Schusters gelernt und bewirtschaftete einen kleinen Hof einige Kilometer nördlich von Ulm. Sein Zeytregister, in dem er bemerkenswerte Ereignisse während des dreißigjährigen Krieges beschreibt, stellt ein höchst seltenes Beispiel von Memoiren aus seiner gesellschaftlichen Schicht dar. Nachdem er Augenzeuge des Kometeneinschlags von 1618 geworden war, begann er, seine Erlebnisse sowie die wichtigen Ereignisse seiner Zeit aufzuschreiben. Aus einer Mischung von Ereignissen und ihren Folgen, Gesprächen mit Reisenden und Informationen aus Flugblättern gelang es ihm, eine verblüffende Vielfalt von lokalen und regionalen sowie Nachrichten aus dem Kaiserreich zusammenzutragen. Auf persönlicher Ebene erlitten er und seine Frau Hunger, Mangel und Exil, sowie den Tod von sieben Kindern. Heberle starb 1677 im Alter von 80 Jahren.

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Zeytregister


Das ist ein denckbbüechlein von mancherley historia und glaubwürdigen sachen, auch von vülen zustenden in der lesten ellenden, betrüebten, argen, beßen, verkerten und schnöden welt, wie es bey uns täglich im schwanckh geht und im vollen lauff ist. Auch was mich verursacht, das ich die hiestorie kürtzlich beschreib, wird einer das selbig in der vorred einfeltig leßen und vernemen.

Alles fleyßig und auff das kürtzest beschriben durch Johannes Heberle, schuomacher von Nensteten.

Anno Domini 1618 Jar.

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1618 und 1619 jar

Anno 1618 ist ein grosser comet erschine in gestalt einer grossen und schröckhlichen rutten, welcher unß von und durch Gott hefftig tröwet, von wegen unsers sindtlichen lebens, die wir vüllfaltig verdient und noch teglich verdienen; der selbig ist gesehen worden vom herpste an biß in der frieling. Was er bedeüt, was auch darauff volgen wirdt, das selbig ist mit heyßen trenen zu beweinen, wie wir leider das selbig woll erfahren und erfahren haben, anno 20 büß anno 30, welches nit gnugsam zu beschreiben ist, wie solches diß büechlin fleißig außweißet. [ . . . ].

Anno 1619 ist Ferdinandus der 2 zum römischen keyser worden, under welchem ein grosse verfolgung entstanden, durch krieg, auffruohr und vergiessung vüll christenblutt, wie solches die exempel gnug auß weisen. Erstlich hatt er ein grossen krieg angefangen in Böhma, welches er zwungen und erlegt under sein relicon, hernach in volget jaren Braunschweiger landt, Meckhelburger landt, Leineberger land, Frießland, Brandenburger land, Pommerland, Gottland, Ostereich, Mehren, Lendlin ob der Entz, Schleßing, die Chur Heidelberg, ja, fast das ganze Teüschland, welche ich nit ale kan erzellen und beschreiben.

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1622

Was sich aber das selbig jar [1622] mit dem gelt verloffen und zugetragen, das wüll ich kürtzlich anzeigen und ein wenig beschreiben, mit allerley müntzen, welche nit alle zu erkönnen sindt, dan alle keysser und könige, fürsten und herren, graffen und edelleüte, stet und fleckhen, kesler und landtfahrer, haben gemüitzet und müntzen dörffen, das es vüll und mancherley gelt worden ist, das einer ein gelerten zungen und ein gut gesicht hat haben müessen, der alle uberschrifften hat könen lesen und sehen. Dan es ist ein leichtes und falsches gelt gewesen, das keinen bestandt gehabt hat. Dan von anfang war es schön, als wan es lauter silber wer, aber hernach in 3, 4, 5 oder auf leng in die 8 wochen ist es abgefahlen und rott worden wie das kupffer, außgenomen die thaller und das alte gelt. Weil aber ales gelt so beß und nichts werdt wahr, da hatt sich keiner mehr mit solchem schlemmen gelt wolen wichtig und richtig mehr bezallen lassen, dan ursach, es war nichts werdt. Das ist ein grosser jammer entstanden in allen landen. [ . . . ]

Dan wan einer ein gelt hat ein viertel jar gehabt, so ist es im abgefallen und hatt den halben theil nit mehr gegolten wie zuvor oder aber gar nichts. [ . . . ]

Was aber das kleine gelt betrüfft, das man an allen orten gemüntzet, das ist lauter kupffergelt, kreitzer, zweyer und pfinging. Erstlich will das selbig jedermann haben, voran das Ulmer kupfergelt, dan an etlichen orten gelten die Ulmer kupfferne kreitzer ein halben batzen, wie ich dan selber ein neuwe Spanabergsichen postila zu Denckhelspill umb 20 batzen kupffer kreizter kaufft hab, welche sunst umb 3 fl gut gelt verkaufft werd. [ . . . ]

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