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Einführung des Abiturs in Preußen: Edikt unterzeichnet von König Friedrich Wilhelm III., Staatskanzler Hardenberg und Friedrich von Schuckmann (12. Oktober 1812)

Dieser Text veranschaulicht treffend den Neuhumanismus, der das preußische Bildungsreformprogramm beseelte, so wie es von Wilhelm von Humboldt (1767-1835) und seinen Kollegen formuliert und in den neuen, während der Reformära in Preußen errichteten staatlich finanzierten Gymnasien institutionalisiert wurde. Dieser Text zeigt die hohen Anforderungen, die an die Gymnasiasten gestellt wurden, besonders im Latein- und Griechischstudium. Erfolgreiches Bestehen der Abiturprüfungen wurde bald zur Voraussetzung für ein Universitätsstudium in Preußen.

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Edict wegen Prüfung der zu den Universitäten übergehenden Schüler


Wir Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen etc. etc. etc. haben in der Absicht, eine möglichst sorgfältige Bildung der Studirenden in Unsern Staaten zu befördern, und in Erwägung, daß das hierauf abzweckende Circulare vom 23. December 1788 wegen Prüfung der zu den Universitäten übergehenden Schüler wesentlicher Abänderungen und vollständigerer Bestimmungen bedürfe, nachstehende neue Instruction über diesen Gegenstand durch Unser Departement für den Cultus und öffentlichen Unterricht im Ministerio des Innern anfertigen lassen. Wir genehmigen und bestätigen dieselbe in allen ihren Theilen dergestalt, daß sie in die Stelle des gedachten Circulare und der darauf gegründeten Verfügungen gesetzt wird, und befehlen allen und jeden, welche sie angeht, sich pünktlich nach ihr zu richten [ . . . ].

Instruction.

Der Zweck, einem nicht genugsam vorbereiteten Besuch der Universität bei der studirenden Jugend vorzubeugen, hat die Prüfungen der Schüler vor ihrer Entlassung zur Universität herbeigeführt, welche durch das Circulär vom 23. December 1788 angeordnet sind. Die seitdem darüber gesammelten Erfahrungen und die neuerdings ertheilte Freiheit, auch ausländische Universitäten besuchen zu dürfen, machen neue und vollständigere Bestimmungen über diese Prüfungen nothwendig, welche durch gegenwärtige Instruction gegeben werden.

§ 1. Wie es schon bei der frühern Verordnung nicht die Absicht war, das Abgehen eines zur Zeit noch unreifen Jünglings auf die Universität unbedingt zu verbieten, wenn dessen Eltern oder Vormünder sich dazu durch irgend einen ihrem Gewissen zu überlassenden Grund bestimmt glaubten, so soll auch fernerhin eine solche freie Wahl unbeschränkt bleiben, nur daß durch zweckmäßige Prüfungen und demnächst auszufertigende Zeugnisse die Beschaffenheit der jedesmal zur Universität übergehenden Schüler bekannt werde.

§ 2. Diese Zeugnisse sollen theils den Eltern und Vormündern der Jünglinge dienen zu einer Benachrichtigung von dem Bildungszustande derselben, wodurch von Seiten der Schule der letzte Rath in Ansehung ihrer ertheilt und der Uebereilung beim Uebergange zur Universität vorgebeugt wird; theils sollen gedachte Zeugnisse und die Prüfungs-Verhandlungen, deren Resultate sie enthalten, die Geistlichen- und Schul-Deputationen der Provinzial-Regierungen und selbst die oberste Unterrichts-Behörde in den Stand setzen, fortgehend zu beobachten, wie dem wichtigen Geschäfte der Vorbereitung studirender Jünglinge zur Universität von den demselben sich widmenden Anstalten und Personen genügt wird.

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