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Edikt „über die zu bildende Repräsentation des Volks” erstellt von Friedrich Wilhelm III. und Staatskanzler Hardenberg (22. Mai 1815)

Diese kurze, aber einflussreiche Proklamation, veröffentlicht während des Wiener Kongresses, versprach „der preußischen Nation“ eine zentrale Versammlung von Landes-Repräsentanten, die aus den Provinzialständen stammen sollten. Doch angesichts konservativer, antiparlamentarischer Ansichten vermied sie es, die Befugnisse der neuen Institution ausdrücklich anzuführen oder die Kriterien für eine Wahl in das Gremium zu erklären. Als sich dann die Reaktion nach 1815 vertiefte, kam es nicht zur Umsetzung dieses Versprechens, bis dann die Revolution von 1848 den Parlamentarismus in Preußen nach neuen Grundsätzen einführte.

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Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.

Durch Unsere Verordnung vom 30sten v. M. haben Wir für Unsere Monarchie eine regelmäßige Verwaltung, mit Berücksichtigung der frühern Provinzialverhältnisse, angeordnet.

Die Geschichte des Preußischen Staats zeigt zwar, daß der wohlthätige Zustand bürgerlicher Freiheit und die Dauer einer gerechten, auf Ordnung gegründeten Verwaltung in den Eigenschaften der Regenten und in ihrer Eintracht mit dem Volke bisher diejenige Sicherheit fanden, die sich bei der Unvollkommenheit und dem Unbestande menschlicher Einrichtungen erreichen läßt.

Damit sie jedoch desto fester begründet, der Preußischen Nation ein Pfand Unsers Vertrauens gegeben und der Nachkommenschaft die Grundsätze, nach welchen Unsere Vorfahren und Wir selbst die Regierung Unsers Reichs mit ernstlicher Vorsorge für das Glück Unserer Unterthanen geführt haben, treu überliefert und vermittelst einer schriftlichen Urkunde, als Verfassung des Preußischen Reichs, dauerhaft bewahrt werden, haben Wir Nachstehendes beschlossen:

§ 1. Es soll eine Repräsentation des Volks gebildet werden.

§ 2. Zu diesem Zwecke sind:

a) die Provinzialstände da, wo sie mit mehr oder minder Wirksamkeit noch vorhanden sind, herzustellen, und dem Bedürfnisse der Zeit gemäß einzurichten;
b) wo gegenwärtig keine Provinzialstände vorhanden, sind sie anzuordnen.

§ 3. Aus den Provinzialständen wird die Versammlung der Landes-Repräsentanten gewählt, die in Berlin ihren Sitz haben soll.

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