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Politisches Testament Friedrich Wilhelms („des Großen Kurfürsten”) (19. Mai 1667)

Dieses Dokument zeigt Friedrich Wilhelms Psychologie und Staatskunst mit ungeschminkter Offenheit. Seine tiefe Religiosität ist offensichtlich, aber wie sein kalvinistischer Glaube sich vom Luthertum unterschied, ist weniger leicht festzustellen. Obwohl er gelegentlich eine patrimoniale Sprache verwendet, wenn er über seine Herrschaft spricht (z. B. „das Haus Brandenburg“), liegt die Betonung häufiger auf dem „absolutistisch“ militärisch-bürokratischen Staat, den er mit aller Kraft zu errichten suchte. Er schreibt mit machiavellistischem Realismus über innere und äußere Rivalen um die Macht in und über Brandenburg-Preußen, über seine territorialen Ambitionen und über die militärischen und wirtschaftlichen Ressourcen, die ihm und seinem Nachfolger zur Verfügung stehen.

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Die Vatterliche liebe So Ich als ein Vatter kegen seinen Sohn, vndt zukunftigen Successoren trage, hatt mich verursacht, Ihme einige auß langer erfahrenheitt nutzliche vnterrichtungen zu hinterlassen, vndt also dieses kurtzlichen in die feder zu fassen, in betrachtung, das es Ihme nottig, vndt dienlich zu wissen ist, wie Er Seine gantze Regirung fuhren, wie Er darin zuforders gegen Gott, Seines gleichen, wie auch gegen Seine, Ihme von Gott vntergebene, vndt anuertrautte vnterthanen, in kirchen vndt weltlichen Regimendt, Sich zu verhalten, was fur Rähtte Er gebrauchen, wie Er im Rahtte Votiren lassen solle, auch wan vndt wie Er das conclusum nehmen solle, Mitt welchen Er in Allia[n]ce sey, vndt mitt wehme Er solche noch zu machen habe, vndt wie der Cammerstadt verbessert werden kan, was an conservation der vestungen gelegen, benennungen der vestungen so ahn itzo sein, vndt was fur Ortter bequemlich zu versicherung vndt communication der Landen angelegt werden konnen, was fur garnisonen, in fridens vndt krigszeitten darin nottig, darnehbenst die vnterhaltung der Magasinen, vndt dessen vermehrung: So trage Ich gantz keinen zweiffell das in diessem aufsatz gnugsahm begriffen sein wirdt, wie der gantze Staadt gefuhret werden muß, hoffe auch das mein Sohn solches gebuhrendt beobachten werde, wodurch Er dan diesses erlangen wirdt, das Ihme Seine Regirung nicht schwer sonderen gantz leicht fur kommen, auch solches von seinen dieneren nicht zu lernen haben wirdt, sondern selbst die wissenschaft haben kan, Deßwegen Ich auch so viell mir muglich gewessen, kurtzlich solches hirin verfasset, auf das es mein Sohn mitt viellen vndt langen lessen nicht verdrißlichen fallen moge.

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