GHDI logo


Kursachsen: Bericht des Staatsdieners Thomas Freiherr von Fritsch an den leitenden sächsischen Minister Heinrich von Brühl über Verwaltungsreformen und Ernennungen (4. April 1762)

Thomas Freiherr von Fritsch (1700-75) leitete die sächsische „Restaurationskommission“ (1762-63), welche Reformen empfahl, um das Land von den tiefen Wunden des Siebenjährigen Krieges, verursacht insbesondere durch preußische Verheerungen, zu heilen. Hier gibt Fritsch seine Gedanken zur Verleihung der Posten im Staatsdient wieder. Er argumentiert, dass sehr begehrte Posten in der staatlichen Verwaltung nicht an aristokratische Günstlinge oder Opportunisten, sondern an die fähigsten unter den Kandidaten verliehen werden sollen.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 4


Wie junge brauchbare Leute anzuziehen

Die Absicht des Abbé de St. Pierre mit dem so oft empfohlenen Scrutinio ist sehr löblich und gehet auf tüchtige Besetzung derer Ämter, in deren Ermangelung sich von keiner Regierung etwas Gutes zu versprechen. Allein wie die Menschen aniezo beschaffen und, nach allem Ansehen, noch lange beschaffen seyn werden, ist dieser Vorschlag niemalen in würcklichen Gang zu bringen. Wenn man eine erwünschte Besetzung hoffen und einen Vorrath von guten Leuthen auf einmal in denen Ämtern finden könte, so ließe sich noch vermuthen, daß eine Zeitlang diese ihresgleichen neben sich zu wählen geneigt seyn würden. Man muß also auf denen Umständen gemäßere Vorschläge gedencken.

Die Probe-Relationes sind gut gemeinet, thun es aber nicht, da ein brauchbarer junger Mensch, so noch nicht in denen Dingen sich umzusehen Gelegenheit gehabt, sehr leicht den Zweck verfehlen kan, oder da ein schlechter, so selbigen getroffen, denn die Fertigkeit des Judicii nicht mitbringet, man auch über dieses noch dazu, en gros zu reden, gegen die Stümper zuviel Nachsicht hat.

Mich hat die Erfahrung von dem Vertrauen auf Probe-Relationes während meiner Dienste vielfältig zurückgebracht. Kayser Carl VII. wolte, junge Leute, und besonders wer in dem Reichs-Hof-Rath eine Stelle verlangte, solten sich durch andere dieses Gerichts tentiren lassen, da man denn nicht nur das Gedächtnis, sondern vornehmlich das Judicium zu prüfen Gelegenheit hätte. Die Sache wäre gut, wenn man mit gleichem Ernst in der Sache zu Wercke gienge und nicht so viel Menschliches mit unterliefe.

Der beste Rath wäre also wohl, wenn in allen Ständen, wie im Kriegs-Stande, man von unten auf dienete und seine Fähigkeiten in der That zeigte, ehe man weiter kähme.

Die Civil-Ämter lassen sich füglich in Justiz, Policey, welche ‹ich› mit Betracht sondere, und Finanzen theilen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite