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John Foster Dulles über die Möglichkeit von Verhandlungen mit der DDR (26. November 1958)

Angesichts der neuerlichen Berlin-Krise, die durch das sowjetische Ultimatum mit der Forderung nach einem Abzug der Westmächte aus Berlin entsteht, macht der amerikanische Außenminister John Foster Dulles im Gespräch mit Journalisten deutlich, dass die USA einer Übertragung der sowjetischen Rechte in Berlin auf die Regierung der DDR niemals zustimmen und die DDR als Staat nicht anerkennen werden. Zugleich deutet sich in Dulles’ zurückhaltenden Reaktionen aber auch bereits die Verhandlungslinie der Westmächte in den kommenden Monaten an, auf die sowjetischen Forderungen nicht einzugehen, aber zugleich die Verbindlichkeit dieser Forderungen herunterzusetzen und Chruschtschow damit einen diplomatischen Rückzug ohne Gesichtsverlust zu ermöglichen.

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Der amerikanische Außenminister John Foster Dulles beantwortete am 26. November 1958 auf einer Pressekonferenz Fragen von Korrespondenten wie folgt:


[ . . . ]

Frage: Herr Minister, welche Stellung nehmen die Vereinigten Staaten und die anderen Mächte zur Frage des Umgangs mit irgendwelchen ostdeutschen Beamten ein, die sich in einer zuvor von sowjetischen Beamten bekleideten Position befinden sollten?

Antwort: Die Stellungnahme der Vereinigten Staaten — und ich glaube wohl sagen zu dürfen auch diejenige des Vereinigten Königreichs und Frankreichs, geht dahin, daß für die Sowjetunion eine Verpflichtung, eine ausdrückliche Verpflichtung besteht, den Vereinigten Staaten, anderen alliierten Mächten und überhaupt der Welt im allgemeinen den normalen Zugang nach und den Abgang von Berlin zu sichern.

Dafür trägt die Sowjetunion die Verantwortung. Das wurde ausdrücklich zur Zeit des Pariser Treffens des Außenministerrates im Juni 1949 festgestellt, das, wie Sie sich erinnern werden, dem Ende der Berlin-Blockade und der Luftbrücke folgte. Damals tauschten die Vier Mächte zur Sicherung jener Rechte formelle ‚Verpflichtungen’ aus.

Wir erkennen den Standpunkt nicht an, daß sich die Sowjetunion von dieser Verantwortung lösen kann. Diese Verantwortung wurde überdies im wesentlichen aus Anlaß der Gipfelkonferenz im Juli 1955 bekräftigt, als die Vier Mächte ihre ‚Verantwortlichkeit’ für die deutsche Frage anerkannten.

Der Ausdruck ‚die deutsche Frage’ wurde immer dahingehend ausgelegt, daß er die Berlin-Frage einschloß, und so gab es wiederum eine Bestätigung der Sowjetunion für ihre Verantwortlichkeit in dieser Sache. Wir akzeptieren keine irgendwie geartete Ersatzverantwortung für jene der Sowjetunion in dieser Lage.

Frage: Was geschieht, wenn trotz dieser Verantwortung die Sowjets weiter gehen und den ostdeutschen Behörden die Kontrollpunkte an den Autobahnen und die Kontrolle der Land-, Luft- und Seewege übertragen? In diesem Falle würde sich die Frage erheben: Würden wir mit ostdeutschen Behörden verhandeln, die Kontrollpunkte besetzt halten, zum Beispiel, selbst wenn—

Antwort: Wir würden sicherlich mit ihnen in keiner Weise verhandeln, die eine Anerkennung des ostdeutschen Regimes als Vertretung der Sowjetunion einschließt, bei der die Sowjetunion aus ihren Verpflichtungen und aus ihrer Verantwortlichkeit entlassen werden würde.

Frage: Heißt das, daß wir möglicherweise mit ihnen als Beauftragten (agents) verhandeln werden?

Antwort: Ja, wir könnten. Es gibt schon jetzt bestimmte Punkte, über die untergeordnete Dienststellen der sogenannten DDR mit den Westmächten, den drei alliierten Mächten und auch mit der Deutschen Bundesrepublik, verhandeln.

Es hängt alles von den Einzelheiten ab, was sie tun und wie sie arbeiten werden. Sie können es bis zu einem bestimmten Grad ausschließen, denn es geht gegenwärtig so weiter wie es war. Anderseits, wenn der Charakter der Handlungen so wäre, daß ihre Akzeptierung bedeuten würde, daß damit die zeitliche Vertretung der Verpflichtung und Verantwortung der Sowjetunion durch die ‚DDR’ eingeschlossen wäre, dann, glaube ich, würden wir es nicht tun.

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