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US-Präsident George Herbert Walker Bushs Bedingungen für die Vereinigung (4. Dezember 1989)

Hoch erfreut über den bevorstehenden Zusammenbruch des Kommunismus in Europa richtet US-Präsident George Herbert Walker Bush in Brüssel seine Rede an die Staatsoberhäupter und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsstaaten. Er bringt seine starke Unterstützung für die deutsche Wiedervereinigung zum Ausdruck, macht jedoch auch deutlich, dass es sich um einen friedlichen Prozess mit offenem Ende handeln müsse, Deutschland im westlichen Bündnissystem verankert bleiben solle und alle bestehenden Grenzen anzuerkennen seien.

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Auszug aus den Bemerkungen im NATO-Hauptquartier in Brüssel (4. Dezember 1989)


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Vor uns liegt die Aufgabe, die Früchte dieser friedlichen Revolution zu konsolidieren und das Gerüst für einen fortwährenden friedlichen Wandel zu schaffen. Große Entscheidungen werden getroffen, noch größere Chancen locken.


Der erste Grundsatz für Europas Zukunft: Die Teilung Europas durch Freiheit zu überwinden

In Zeiten großer Veränderungen ist es gut, feste Grundsätze zu haben, die als Leitfaden dienen. Unsere Regierungen hatten sich im Mai erneut das Ziel gesetzt, der schmerzhaften Teilung Europas ein Ende zu setzen. Wir haben diese Teilung nie akzeptiert. Die Menschen eines jeden Volkes haben das Recht, ihr Leben in Freiheit zu bestimmen.

Natürlich haben wir alle seit vier Jahrzehnten die deutsche Wiedervereinigung unterstützt. Unserer Meinung nach sollte sich das Ziel der deutschen Wiedervereinigung auf die folgenden Grundsätze stützen.

Erstens muss das Ziel der Selbstbestimmung vorurteilslos verfolgt werden, unabhängig davon wie das Endergebnis aussehen wird. Zu diesem Zeitpunkt sollte kein bestimmtes Modell der Einheit befürwortet oder ausgeschlossen werden. Zweitens sollte die Wiedervereinigung im Rahmen einer fortdauernden Einbettung Deutschlands in die NATO und der zunehmend integrierten Europäischen Gemeinschaft geschehen, wobei die Rechte und Pflichten der alliierten Mächte berücksichtigt werden müssen. Drittens müssen im Interesse der europäischen Stabilität alle Wiedervereinigungsbestrebungen friedlich, graduell und als Teil eines Stufenplans vor sich gehen. Und schließlich sollten wir uns hinsichtlich der Grenzfragen erneut zu den Beschlüssen der Schlussakte von Helsinki bekennen.

Ein Ende der unnatürlichen Teilung Europas und Deutschlands muss im Einklang mit und auf der Basis derjenigen Werte erfolgen, die inzwischen als allgemein gültige Ideale gelten, wenn alle Länder Europas der Gemeinschaft freier Völker angehören werden. Ich weiß, dass mein guter Freund Helmut Kohl diese Überzeugung vollends teilt.

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