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Die soziale Herkunft der deutschen Eliten und Geistlichen (1800-1919)

Die soziale Mobilität in Deutschland war ein bedeutender Faktor bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Während einige erfolgreiche Geschäftsleute aus den mittleren oder unteren Gesellschaftsschichten stammten, waren die meisten Söhne von Anwälten, Ärzten und Professoren (die allgemein zum gebildeten Mittelstand oder dem Bildungsbürgertum gezählt werden) und gehörten somit einem gehobenen sozialen Umfeld an. Aus dem zweiten Schaubild (nächste Seite) geht hervor, dass die Nachkommen von Arbeitern und niederen Beamten selten in ein Kirchenamt berufen wurden. Eine Ausnahme zum reichsweiten Muster bildete jedoch der katholische Südwesten (Württemberg), wo viele Priester aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammten.

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I. Soziale Herkunft von Führungsschichten (Unternehmern und Hochschullehrern)

a) bedeutender Unternehmer (1)

b) von Hochschullehrern (2)

Beruf des Vaters

1800-1870
NDB (1)
(%)

1871-1914
NDB (1)
(%)

1860-1889

(%)

1890-1919

(%)

Höhere Beamte

4

6

11

11

Offiziere

1

-

2

2

Hochschullehrer

}2

}2

16

11

Lehrer (höh. Schulen)

6

7

Geistliche

3

1

11

6

Rechtsanwälte

-

1

2

2

Ärzte, Apotheker (a)

1

2

14

10

Künstler u. publ. Berufe

-

-

3

2

Großgrundbesitzer

2

2

2

1

Unternehmer (b)

54

53

6

12

Höhere Schichten

67

67

73

64

Handwerker, Kleinhändler, Wirte

23

20

13

19

Landwirte

2

4

5

4

Mittlere/untere Beamte

5

6

3

5

Angestellte/Werkmeister

1

2

-

-

Arbeiter

-

-

2

2

Lehrer

-

1

4

4

Mittlere/untere Schichten

31

33

27

34

Zahl der Fälle

235

297

1 273

3 012



1) Die Zusammenstellung basiert auf den bisher erschienenen acht Bänden der Neuen Deutschen Biographie (NDB), die allerdings nur die bedeutenden oder auch in anderen Bereichen in führender Position tätigen Unternehmer erfaßt.

2) Kaelble berechnet seine Angaben nach v. Ferber, Christian, „Die Entwicklung des Lehrkörpers der deutschen Universitäten und Hochschulen 1864-1954“, in: Plessner, Helmuth (Hrsg.), Untersuchungen zur Lage der deutschen Hochschullehrer. Bd. 3. Göttingen, 1956, S. 178. Bei den erfassten Hochschullehrern handelt es sich um Habilitationsjahrgänge.

3) Berechnet nach der Herkunft der Studenten der Theologie.
a. Auch: Tierärzte, Chemiker, Architekten, Ingenieure.
b. Hier: Fabrikanten und Großkaufleute. Die „Kaufleute“ wurden der ersten Position der Mittelschicht zugeschlagen, da es sich dabei in der Mehrzahl um kleinere Gewerbetreibende handeln dürfte.
c. Hier handelt es sich um Schätzungen. Erst nach 1900 teilt die preußische Universitätsstatistik die selbständigen Gewerbetreibenden in Unternehmer einerseits, Handwerker, Kleinhändler etc. andererseits. Die durchschnittlichen Relationen 1901-1911 (Ärzte: 29% Unternehmerväter zu 71% Väter der gewerblichen Mittelschicht; Lehrer an höheren Schulen: 26% zu 74%) wurden hier als günstigster Annäherungswert zugrundegelegt.

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