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Martin Bormanns Abschrift einer Besprechung im Führerhauptquartier (16. Juli 1941)

Die deutsche Besatzungspolitik wurde sowohl von rassenideologischen als auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt. Während verschiedene Partei- und Staatsinstanzen Pläne für eine tausendjährige Neuordnung Europas unter deutscher Vorherrschaft erarbeiteten, wurden die meisten Gebiete von mehr oder weniger provisorischen Besatzungsregimentern verwaltet, die die deutsche Kriegführung durch regionale wirtschaftliche Ausbeutung unterstützten. Dabei waren Härte und Methode der Unterwerfung direkt von der rassischen Bewertung der Bevölkerung abhängig, was die besonders brutale Besatzungspolitik in Osteuropa begründete. Martin Bormanns Protokoll einer Besprechung im Führerhauptquartier am 16. Juli 1941 enthält Ausführungen Hitlers zu dessen generellem Standpunkt gegenüber der Kriegführung im Osten.

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Geheime Reichssache!
Führerhauptquartier, 16. 7. 1941


Auf Anordnung des Führers fand heute bei ihm um 15 Uhr eine Besprechung mit Reichsleiter Rosenberg, Reichsminister Lammers, Feldmarschall Keitel, mit dem Reichsmarschall und mir statt. Die Besprechung begann um 15 Uhr und dauerte mit einer Kaffeepause bis gegen 20 Uhr.

Einleitend betonte der Führer, er wolle zunächst einige grundsätzliche Feststellungen treffen. Verschiedene Massnahmen seien jetzt notwendig; dies bewiese u.a. ein von einer unverschämten Vichy-Zeitung gebrachter Hinweis, der Krieg gegen die Sowjet-Union sei ein Krieg Europas; er sei also auch für ganz Europa zu führen. Offenbar wolle diese Vichy-Zeitung mit diesen Hinweisen erreichen, dass die Nutzniesser dieses Krieges nicht allein die Deutschen sein dürften, sondern dass alle europäischen Staaten daraus ihren Nutzen ziehen müssten.

Wesentlich sei es nun, dass wir unsere Zielsetzung nicht vor der ganzen Welt bekanntgäben; dies sei auch nicht notwendig, sondern die Hauptsache sei, dass wir selbst wüssten, was wir wollten. Keinesfalls solle durch überflüssige Erklärungen unser eigener Weg erschwert werden. Derartige Erklärungen seien überflüssig, denn soweit unsere Macht reiche, könnten wir alles tun und was ausserhalb unserer Macht liege, könnten wir ohnehin nicht tun.

Die Motivierung unserer Schritte vor der Welt müsse sich also nach taktischen Gesichtspunkten richten. Wir müssten hier genau so vorgehen, wie in den Fällen Norwegen, Dänemark, Holland und Belgien. Auch in diesen Fällen hätten wir nichts über unsere Absichten gesagt und wir würden dies auch weiterhin klugerweise nicht tun.

Wir werden also wieder betonen, dass wir gezwungen waren, ein Gebiet zu besetzen, zu ordnen und zu sichern; im Interesse der Landeseinwohner müssten wir für Ruhe, Ernährung, Verkehr usw. usw. sorgen; deshalb unsere Regelung. Es soll also nicht erkennbar sein, dass sich damit eine endgültige Regelung anbahnt! Alle notwendigen Massnahmen — Erschiessen, Aussiedeln etc. — tun wir trotzdem und können wir trotzdem tun.

Wir wollen uns aber nicht irgendwelche Leute vorzeitig und unnötig zu Feinden machen. Wir tun also lediglich so, als ob wir ein Mandat ausüben wollten. Uns muss aber dabei klar sein, dass wir aus diesen Gebieten nie wieder herauskommen.

Demgemäss handelt es sich darum:

1. Nichts für die endgültige Regelung zu verbauen, sondern diese unter der Hand vorzubereiten;
2. wir betonen, dass wir die Bringer der Freiheit wären.

Im Einzelnen:

Die Krim muss von allen Fremden geräumt und deutsch besiedelt werden.

Ebenso wird das alt-österreichische Galizien Reichsgebiet.

Jetzt ist unser Verhältnis zu Rumänien gut, aber man weiss nicht, wie künftig zu jeder Zeit unser Verhältnis sein wird. Darauf haben wir uns einzustellen und darnach haben wir unsere Grenzen einzurichten. Man soll sich nicht vom Wohlwollen Dritter abhängig machen; darnach müssen wir unser Verhältnis zu Rumänien einrichten.

Grundsätzlich kommt es also darauf an, den riesenhaften Kuchen handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können.

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