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Zusammenfassung des Treffens Hitlers mit den Befehlshabern der Streitkräfte am 5. November 1937 (Hossbach-Protokoll vom 10. November 1937)

Auf einer geheimen Konferenz in der Berliner Reichskanzlei mit den wichtigsten Vertretern der Militärführung am 5. November 1937 umriss Hitler seine außenpolitischen Ziele für die nahe Zukunft. Anwesend waren der Oberbefehlshaber des Heeres, Werner von Fritsch, der Befehlshaber der Kriegsmarine, Admiral Erich Raeder, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, Außenminister Konstantin von Neurath sowie Kriegsminister Werner von Blomberg. Abhängig vom Stand der deutschen Wirtschaft und Aufrüstung sowie von der außenpolitischen Lage sah Hitler den Beginn eines deutschen Eroberungskrieges für das folgende Jahr, spätestens aber für 1943 vor. Die absolute Notwendigkeit dieses Vorhabens begründete er mit dem Bedarf des deutschen Volkes nach „Lebensraum", dem nationalsozialistischen Synonym für Expansionismus, Rassismus und nationalen Chauvinismus. Die folgende Niederschrift der Konferenz wurde von Hitlers Militäradjutant Oberst Friedrich Hossbach fünf Tage später verfasst. Das sogenannte „Hossbach-Protokoll“ verdeutlicht Hitlers unumstößlichen Entschluss, in kürzester Zeit einen europäischen Krieg zu beginnen und wurde daher später zum wichtigen Beweisdokument in den Nürnberger Prozessen.

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Berlin, den 10. November 1937

Niederschrift über die Besprechung in der Reichskanzlei am 5. 11. 1937 von 16,15 – 20,30 Uhr


Anwesend:
Der Führer und Reichskanzler,
der Reichskreigsminister Generalfeldmarschall v. Blomberg,
der Oberbefehlshaber des Heeres Generalobst Freiherr von Fritsch,
der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Generaladmiral Dr. h.c. Raeder,
der Reichsminister des Auswärtigen Freiherr von Neurath,
Oberst Hoßbach

Der Führer stellte einleitend fest, daß der Gegenstand der heutigen Besprechung von derartiger Bedeutung sei, daß dessen Erörterung in anderen Staaten wohl vor das Forum des Regierungskabinetts gehörte, er – der Führer – sähe aber gerade im Hinblick auf die Bedeutung der Materie davon ab, diese in dem großen Kreise des Reichskabinetts zum Gegenstand der Besprechung zu machen. Seine nachfolgenden Ausführungen seien das Ergebnis eingehender Überlegungen und der Erfahrungen seiner viereinhalbjährigen Regierungszeit; er wolle den anwesenden Herren seine grundlegenden Gedanken über die Entwicklungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten unserer außenpolitischen Lage auseinandersetzen, wobei er im Interesse einer auf weite Sicht eingestellten deutschen Politik seine Ausführungen als seine testamentarische Hinterlassenschaft für den Fall seines Ablebens anzusehen bitte.

Der Führer führte sodann aus:

Das Ziel der deutschen Politik sei die Sicherung und die Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung. Somit handele es sich um das Problem des Raumes.

Die deutsche Volksmasse verfüge über 85 Millionen Menschen, die nach der Anzahl der Menschen und der Geschlossenheit des Siedlungsraumes in Europa einen in sich so fest geschlossenen Rassekern darstelle, wie er in keinem anderen Land wieder anzutreffen sei und wie er andererseits das Anrecht auf größeren Lebensraum mehr als bei anderen Völkern in sich schlösse. Wenn kein dem deutschen Rassekern entsprechendes politisches Ergebnis auf dem Gebiet des Raumes vorläge, so sei das eine Folge mehrhundertjähriger historischer Entwicklung und bei Fortdauer dieses politischen Zustandes die größte Gefahr für die Erhaltung des deutschen Volkstums auf seiner jetzigen Höhe. Ein Aufhalten des Rückganges des Deutschtums in Österreich und in der Tschechoslowakei sei ebenso wenig möglich als die Erhaltung des augenblicklichen Standes in Deutschland selbst. Statt Wachstum setze Sterilisation ein, in deren Folge Spannungen sozialer Art nach einer Reihe von Jahren einsetzen müßten, weil politische und weltanschauliche Ideen nur solange von Bestand seien, als sie die Grundlage zur Verwirklichung der realen Lebensansprüche eines Volkes abzugeben vermöchten. Die deutsche Zukunft sei daher ausschließlich durch die Lösung der Raumnot bedingt, eine solche Lösung könne naturgemäß nur für eine absehbare, etwa 1-3 Generationen umfassende Zeit gesucht werden.

Bevor er sich der Frage der Behebung der Raumnot zuwende, sei die Überlegung anzustellen, ob im Wege der Autarkie oder einer gesteigerten Beteiligung an der Weltwirtschaft eine zukunftsreiche Lösung der deutschen Lage zu erreichen sei.

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