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Gedicht über die Katastrophe von Tschernobyl (23. Mai 1986)

Als die lange befürchtete nukleare Katastrophe durch die Kernschmelze in einem ukrainischen Reaktor Wirklichkeit wurde, machte die Umweltbewegung in einem eindringlichen Gedicht auf die Folgen des schrecklichen Unfalls aufmerksam, beschuldigte die Politiker, zu wenig Sicherheitsmaßnahmen ergriffen zu haben und rief zu neuen Aktivitäten auf.

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Sie haben versagt


Was tun? H-Milch kaufen oder Büchsenmilch?
Wir wissen es nicht.
Verfallsdaten beachten oder Halbwertzeiten?
Wir wissen es nicht.
Regenschirm oder Abduschen?
Wir wissen es nicht.
Sind Kinder 23mal oder nur 17mal so gefährdet wie Erwachsene?
Wir wissen es nicht.

Es geht um mehr als um Tiefkühlkost
und um die Frage
nach dem unbedenklichen Verzehr von Blattspinat
in den richtigen Bundesländern.

Unsere Politiker haben sich totgestellt.
Kein Ton von den Herren, die so gerne reden.

Als Lastwagenfahrer einst
gegen schleppende Abfertigung
an der Grenze protestierten,
fuhr Herr Strauß ins Krisengebiet.
Im geländegängigen Fahrzeug.

Wenn jetzt Frauen ihre Kinder nicht mehr
auf den Spielplatz lassen können,
wenn die Landwirte ihr Blattgemüse umpflügen müssen,
wenn Menschen der Strahlengefahr direkt ausgeliefert sind
entfaltet sich administrative Funkstille.
Der Staat ist untergetaucht.

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