GHDI logo


Schiffahrtsstrassen im Deutschen Reich (1903)

Zwischen 1875 und 1914 verdoppelte sich die Länge der Schiffahrtsstraßen im Deutschen Reich. Die schnelle Industrialisierung und das Wirtschaftswachstum führten besonders nach der Reichseinigung 1871 zu einem verstärkten Bedarf an schnellen, verlässlichen und billigen Transportmitteln. Die generelle Annahme im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, dass die Binnenschiffahrt aufgrund der Ausdehnung des Eisenbahnnetzes abnehmen würde, sollte sich als falsch herausstellen. Im Gegenteil, durch Verbesserungen des Schiffstransports wie elektrische und dampfbetriebene Schleppanlagen anstatt Pferdezügen, das Ersetzen vieler kleinerer Schleusen zugunsten einiger großer, bessere Ausstattung der Häfen und anderer Maßnahmen wurde der Schiffstransport dem Schienentransport ebenbürtig oder in einigen Fällen sogar überlegen. Natürlich wirkten Schiffs- und Schienentransport zusammen, so waren zur Jahrhundertwende beispielsweise 28 der 41 größeren Häfen entlang des Rheins an das Eisenbahnnetz angebunden.

Vorangetrieben durch seine agrarischen Interessen wurde Preußen, das zunächst nur langsam mit dem Kanalbau begonnen hatte, später in diesem Bereich besonders aktiv. 1906 wurde im Reichstag nach mehreren gescheiterten Versuchen schließlich die Kanalbauvorlage verabschiedet, durch die der Kanalbau zwischen Rhein und Dortmund-Ems-Kanal, zwischen letzterem und der Weser, zwischen Berlin und Stettin sowie die Kanalisierung der Oder zwischen der Glatzer Neisse und der Stadt Breslau veranlasst wurde. Gleichzeitig verabschiedete die preußische Legislative eine Resolution, in der sie die Reichsregierung drängte, Gesetze zur Kanalisierung der Mosel, Lahn und Saar im westlichen Reichsgebiet sowie zum Bau des Masurischen Kanals in Ostpreußen zu erlassen. Preußen war in seinen Bestrebungen natürlich nicht allein, die Regierung Württembergs ordnete zu gleicher Zeit den Bau eines Kanals vom Rhein über die Neckar zur Donau (bei Lauingen) an, so dass Güter aus dem Nahen Osten und dem Schwarzen Meer mit geringem Kostenaufwand zur Nordsee transportiert werden konnten.

Während der Ausbau der Binnenschiffahrtswege gerade für den ländlichen Teil der rasant wachsenden Bevölkerung des Reiches eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation bedeutete, blieben die Folgen für die Umwelt nicht unbemerkt. Flussbegradigungen, Abholzungen und andere Maßnahmen, die der effizienteren Nutzung des Wassers dienen sollten, beraubten das angrenzende Land des natürlichen Schutzes vor Überschwemmungen. Zudem ließ der steigende Dampfschiffverkehr auf den großen Flüssen, besonders dem Rhein, Befürchtungen über Luftverschmutzung laut werden. Bereits 1881 wurde im Reichstag über die negativen Folgen des Ausbaus der Binnenschiffahrt debattiert.

Klicken Sie auf Druckfassung (unten) für eine PDF-Datei mit verbesserter Auflösung. Optimale Ansicht dieser Datei in 200-300%.

Druckfassung     zurück zur Landkarten-Liste      nächste Landkarte

Schiffahrtsstrassen im Deutschen Reich (1903)

IEG-MAPS, Institut für Europäische Geschichte, Mainz / © A. Kunz, 2004