GHDI logo

„Edikt von Potsdam”, erlassen von Friedrich Wilhelm („der Große Kurfürst”) (29. Oktober 1685)

Seite 2 von 4    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


3. Weilen Unsere Lande nicht allein mit allen zu des Lebens Unterhalt erforderten Nothwendigkeiten wol und reichlich versehen, sonderlich auch zu etablirung allerhand manufacturen, Handel und Wandels zu Wasser und zu Lande sehr bequem, als stellen Wir denen, die darinn sich werden setzen wollen, allerdings frey, denjenigen Ort, welchen sie in Unserm Hertzogthum Cleve, den Graffschafften Marck und Ravensberg, Fürstenthümern Halberstadt und Minden, aber auch in dem Hertzogthum Magdeburg, Chur-Marck-Brandenburg und Hertzogthümern Pommern und Preussen zu ihrer Profession und Lebens Art am bequemsten finden werden, zu erwählen; Und gleichwie Wir dafür halten, daß in gedachter Unserer Chur-Marck-Brandenburg die Städte Stendal, Werben, Rathenow, Brandenburg und Franckfurt, und in dem Hertzogthum Magdeburg die Städte Magdeburg, Halle und Calbe, wie auch in Preussen die Stadt Königsberg, so wol deshalb weil daselbst sehr wolfeil zu leben, als auch, wegen der allda sich befindenden facilität zur Nahrung und Gewerb vor sie am bequemsten seyn werden, Als haben Wir die Anstalt machen lassen, befehlen auch hiemit und Krafft dieses, so bald einige von erwehnten Evangelisch reformirten Frantzösischen Leuten daselbst ankommen werden, daß alsdann dieselbe wohl auffgenommen, und zu allen dem so zu ihrem etablissement nöthig, ihnen aller Mügligkeit nach verholffen werden soll. Wobey Wir gleich wol ihrer freyen Wahl anheim geben, auch sonsten ausser oberwehnten Städten alle und jede Orte in unsern Provincien zu ihrem etablissement zu erwählen, welche sie in Ansehung ihrer profession und Handthierung vor sich am bequemsten erachten werden.

4. Diejenige Mobilien, auch Kauffmanns und andere Waaren, welche sie bey ihrer Ankunfft mit sich bringen werden, sollen von allen Aufflagen, Zoll, Licenten und andern dergleichen Imposten, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, gäntzlich befreyet seyn, und damit in keinerley Weise beleget werden.

5. Daferne in denen Städten, Flecken und Dörffern, wo mehr gedachte Leute von der Religion sich niederlassen, und ihr domicilium constituiren werden, einige verfallene, wüste und ruinirte Häuser verhanden, deren Proprietarii nicht des Vermögens wären dieselbe wieder anzurichten, und in guten erbaulichen Stand zu setzen, so wollen Wir selbige gedachten Unsern Frantzösischen Glaubens-Genossen, für sie, ihre Erben und Erbens-Erben eigenthümlich anweisen und eingeben, dabey auch dahin sehen lassen, daß die vorigen Proprietarii wegen des Werths sothaner Häuser befridiget, und selbige von allen oneribus, hypothequen, Contributions-Resten und allen andern dergleichen Schulden, welche vorhin darauff gehafftet, gäntzlich liberiret und frey gemachet werden sollen. Gestalt Wir ihnen denn auch Holtz, Kalck und andere materialien, deren sie zu reparirung dergleichen wüsten Häuser benöthiget, unentgeltlich anschaffen lassen, und ihnen eine Sechs-Jährige immunität von allen Aufflagen, Einquartierungen und andern oneribus publicis, wie selbige Nahmen haben mögen, verstatten, auch die Verfügung machen wollen, daß deren Einwohner nichts als die blosse Consumptions-Accise währender solcher Sechs-Jährigen Freyheit davon abzutragen haben sollen.

6. In denjenigen Städten, und andern Orten, woselbst sich einige wüste Plätze und Stellen befinden, wollen wir gleicher gestalt die Versehung thun, daß dieselbe samt allen dazu gehörigen Gärten, Wiesen, Ackern und Weiden gedachten Unsern Evangelisch-Reformirten Glaubens-Genossen Frantzösischer Nation nicht allein erb- und eigenthümlich eingeräumet, sondern auch daß dieselbe von allen oneribus und Beschwerden, welche sonst darauff gehafftet, gäntzlich liberiret und loß gemachet werden sollen, gestalt Wir denn auch diejenigen materialien deren gedachte Leute zu Bebauung dieser Plätze bedürffen werden, ihnen ohn entgeltlich anschaffen, und die von ihnen neuerbauete Häuser sampt deren Einwohnern in denen ersten zehen Jahren mit keinen oneribus ausser der obangeregten Consumptions-Accise belegen lassen wollen. Und weilen wir auch gnädigst gemeynet seyn, alle mügliche facilität beyzutragen, damit gedachte Unsere Glaubens-Genossen in Unsern Landen untergebracht und etabliret werden mögen, Als haben wir denen Magistraten und andern Bedienten in erwehnten Unsern Provincien gnädigsten Befehl ertheilen lassen, in einer ieden Stadt gewisse Häuser zu miethen, worin gedachte Frantzösische Leute bey ihrer Ankunfft aufgenommen, auch die Haußmiethe davon für sie und ihre Familien 4 Jahr lang bezahlet werden soll, Jedoch mit der Bedingung, daß sie diejenige Plätze, welche ihnen auff obberührte conditiones werden, mit der Zeit zu bebauen ihnen angelegen seyn lassen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite