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Konrad Engelbert Oelsner, „Erwartungen, welche Freiheit hoffen läßt” (1794)

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Die Priester hören auf Gewissenstyrannen zu sein. Jeder darf sich ihrer nach Belieben bedienen, je nachdem er an Gaukeleien und Taschenspielerkünsten Gefallen findet, je nachdem er zum Hokuspokus der Kaffeetasse Zutrauen hat, je nachdem er sich krank fühlt. Der gesunde Mann bedarf des Arztes nicht, und der Vernünftige geht zu keinem Quacksalber. Die Erziehung wird unabhängig von ihnen, und folglich besser sein, keine theologische Mißgeburten, keine falschen Begriffe mehr einpfropfen, Kenntnisse die wir vergessen müssen wenn wir uns als gescheute Leute durch die Welt bringen wollen. Weil in Zukunft alle arbeiten, muß jeder einzelne weniger zu tun haben, wir werden also mehr Zeit auf Wissenschaft und Künste verwenden, mehrere und schönere Konzerte und Schauspiele hören und sehn.

Das ist was sich mit Recht von der Freiheit erwarten läßt, was sie zu leisten verspricht, und leisten wird. In der Tat, wenn sie ein andres Ziel suchte, möchte ich ihrer nicht. Es gibt Leute, welche uns alle Kultur versagend, uns gerade nur auf die unentbehrlichsten Bedürfnisse reduzieren möchten, das sind Narren die eine Schimäre verfolgen, welche viele unglücklich machen kann, und für welche die bürgerliche Gesellschaft nicht bestimmt ist.



Quelle: Konrad Engelbert Oelsner, „Erwartungen, welche Freiheit hoffen läßt“, in Bruchstücke aus den Papieren eines Augenzeugen und unparteiischen Beobachters der französischen Revolution, 1794.

Abegdruckt in Jost Hermand, Hg., Von deutscher Republik 1775-1795. Texte radikaler Demokraten. © Insel Verlag, Frankfurt am Main, 1968, S. 225-27.

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