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Friedrich Cotta, Von der Staatsverfassung in Frankreich (um 1793)

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Alle Beamten müssen ihr Amt öffentlich versehen, so, daß jeder, wer Lust hat, zuhören kann, wenn sie amtieren, ihre Rechnungen ablegen und so weiter.

Die Gerechtigkeit wird in Frankreich unentgeltlich verwaltet, und weil Prozesse immer große Unlust erregen, so sind eigene Friedensgerichte und so weiter angestellt, wo man erst versucht, die Händel in der Güte abzumachen, ehe man es zu einem Prozesse kommen läßt. Kein Mensch kann in Frankreich anders als nach Urteil und Recht gerichtet werden. Die Minister müssen Sorge tragen, daß die Gesetze im ganzen Reiche vollzogen werden, daß überall Friede, Ruhe und Ordnung herrschet, daß Handel und Wandel nicht gestöret wird, besonders, daß die Lebensmittel überall frei können hingeführt werden, auch daß die Beamten alle ihre Schuldigkeit tun und so weiter. Auch die Minister werden in Frankreich von den Bürgern aus sich selbst gewählt, und auch die Minister werden in Frankreich gestraft, wenn sie ihr Amt nicht recht versehen. Sonst war aber den Ministern in Frankreich noch ein König, aber auch der wurde abgesetzt, weil er seinen Dienst nur zum Schaden des Volkes versah, und das Volk schaffte ein so überflüssiges, teures und für die Freiheit gefährliches Amt, als das Amt eines Königs oder Fürsten ist, ganz ab. Daher heißt Frankreich itzt eine Republik, weil zu allen Ämtern nur Bürger auf eine Zeitlang gewählt werden, um das Beste ihrer Mitbürger zu besorgen, und im Falle, daß sie das nicht tun, ohne Unterschied abgesetzt und gestraft werden können.

Das Militär ist in Frankreich nur zur Verteidigung gegen die Feinde und zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe da; es darf sich in keine Zivilsachen mischen. Die Anwerbungen zum Soldatenstande geschehen freiwillig, und der Soldat muß, wenn seine Kapitulationszeit aus ist, unentgeltlich entlassen werden. Soldaten müssen von ihren Offizieren brüderlich behandelt werden, bekommen keine Stockschläge, aber guten Sold, gesundes Brot und Fleisch, Kleidung und so weiter und, wenn sie brav dienen oder im Dienste alt werden, eine Pension. Aus den Soldaten wählt man die Unteroffiziere, aus diesen die Lieutenants, und so geht’s hinauf bis zum General.

So ist in Frankreich alles dahin eingerichtet, daß jeder Inwohner sicher, von andern unabhängig und in seinem Gewerbe ungestört zufrieden und glücklich leben kann.

Es lebe das fränkische Volk! Es lebe die Freiheit und Gleichheit!



Quelle: Friedrich Cotta, Von der Staatsverfassung in Frankreich (um 1793), abgedruckt in C. Träger, Hg., Mainz zwischen Rot und Schwartz. Berlin: Rütten & Leoning, 1963, S. 243-48.

Auch abgedruckt in Jost Hermand, Hg., Von deutscher Republik 1775-1795. Texte radikaler Demokraten. © Insel Verlag, Frankfurt am Main, 1968, S. 96-99.

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