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Vortrag vor Kaiser Leopold II. vom „Polizeiminister” Johann Anton Graf von Pergen über die „wichtigsten Beschäftigungen der geheimen Polizei” (2. März 1790)

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4. hat die geheime Polizey, welche ununterbrochen von uns durch den Ober-Polizeydirektor Hofrat von Beer, als einen in allen Teilen dieses Geschäfts praktisch erfahrenen, redlichen und bescheidenen Mann geleitet wird, falls Ew. Maj. das Publikum zu einer oder anderen zu folgenden Verordnung vorbereiten wollen, dieses durch geheime Wege unvermerkt zu bewirken. Endlich aber ist

5. eine der wichtigsten Pflichten der geheimen Polizey, alle schädlichen Aufsätze auf Ihrer Maj. geheiligte Person und Familie so wie möglich zu entdecken und unaufhörlich darauf zu wachen. Es ist auch jedem Landeschef von Sr. Majestät unmittelbar a° 1786 die samt einem Vortrag hier neben kommende geheime Instrukzion zugeschickt und mit einem a. h. geheimen Handbillet und dem Auftrag begleitet worden, daß niemand, was er auch sage, außer den ihnen zugegebenen Polizei-Direktoren die Eröffnung hiervon zu machen sei. Weiter konnte man in den Provinzen nicht gehen. In der hiesigen Residenzstadt aber hat die Polizey verschiedene höchst wichtige Bearbeitungen zum Gegenstand, wovon ich Ew. Maj. nur mündlich die Aufklärung geben kann. Da es nun unter allen diesen Fällen so viele gibt, wo ich Ew. Maj. Willensmeynung und Befehl ihrer Dringlichkeit halber einzuholen mich bemüssigt sehe, so muß ich mir zum Voraus, solange ich als Staatsminister dieses weitläufige und häckliche Geschäft noch zu besorgen im Stande sein werde, Ew. Maj. allergnädigstes geheimes Gehör zu allen Zeiten, und an allen Orten, wie es mir auch von S. M. dem Kaiser Joseph allergnädigst ist gestattet worden, zu Beförderung Ew. Maj. höchsten Dienstes erbitten, und nur noch zum Schluß bemerken, daß, da die meisten sich als Spione anbietenden Personen allhier blos auf Geldschneidereien abzielen ohne wahre Dienste zu tun, die geheime Polizey auch durch derley Leute in ihren Bearbeitungen gehemmt und oftmals die besten Vorkehrungen ganz vereitelt werden, Ew. Maj. geruhen alle derley sich meldende Individuen an mich oder in meiner Abwesenheit an den Hofrat und Polizei-Direktor von Beer zu weisen, weil ansonsten der Dienst darunter leiden müßte und Ew. Maj. gewiß vielmal hintergangen werden würden, wie es S. M. Kaiser Joseph erst unlängst mit einem gewissen Lohner erging, worüber ich Ew. Maj. mündlich erörtern werde.



Quelle: August Fournier, „Kaiser Josef II. und der »geheime Dienst«. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichischen Polizei“, in Historische Studien und Skizzen. 3. Reihe. Wien: F. Tempsky, Leipzig: G. Freytag, 1912, S. 5-7.

Abgedruckt in Walter Demel und Uwe Puschner, Hg., Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789-1815, Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller. Band 6. Stuttgart: P. Reclam, 1995, S. 248-52.

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