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August Bebel, Rede im Reichstag (8. November 1871)

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Sie treten nicht mehr mit den Forderungen heraus, welche sie noch vor dem Jahre 1866 aufgestellt haben. Sie haben dem Reichskanzler eine Verfassung gegeben, die deutsche Reichsverfassung, wie sie reaktionärer gar nicht gedacht werden kann. (Gelächter.) Meine Herren, mit einer solchen Verfassung kann allerdings ein jeder Minister regieren, das ist keine Verfassung für das Volk, das ist weiter nichts als der Scheinkonstitutionalismus in rohester Form, das ist der nackte Cäsarismus. Das ist ein Cäsarismus, der die parlamentarische Form gebraucht, weil die öffentliche Meinung sie für notwendig hält, der auf Grund einer solchen Verfassung scheinbar konstitutionell regieren kann.

Der Redner wird hier und im weiteren Verlauf seiner Ausführungen vom Präsidenten unterbrochen und darauf aufmerksam gemacht, daß er so in dieser Versammlung nicht über die deutsche Verfassung reden dürfe. Da der Redner auf seinen Ausführungen beharrt, wird ihm das Wort entzogen.



Quelle: Abgeordneter Bebel im Deutschen Reichstag über Verfassungsfragen, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 1. Leg. Per., 2. Session, Bd. 1, S. 183-185 (Bd. 22 der Gesamtreihe), 17. Sitzung, 8. November 1871.

Abgedruckt in Hans Fenske, Hg., Im Bismarckschen Reich 1871-1890. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1978, S. 60-64.

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