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Preußischer Antrag auf Reform des Deutschen Bundes (9. April 1866)

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Die näheren Bestimmungen für Ausführung der Wahl werden leicht anzuordnen sein, nachdem erst das allgemeine Princip der Wahlen festgestellt ist und kann die Königliche Regierung sich für jetzt darauf beschränken, in dieser Beziehung die Annahme der directen Wahl und des allgemeinen Stimmrechts zu beantragen.

Es ist bereits entwickelt worden, daß die Königliche Regierung es für rathsam erachten muß, daß die Regierungen nicht der gewählten Versammlung die Initiative der Reform allein überlassen, und sie beabsichtigt daher auch, sofort mit ihren hohen Bundesgenossen in die Verhandlung über das Materielle der Frage selbst einzutreten.

Um solche zu einem erfolgreichen Abschluß zu führen, muß sich aber die Beschränkung dieser Verhandlung auf die wesentlichsten Punkte von entschieden praktischer Bedeutung empfehlen.

Wenn die Verhandlungen nun auf solche Weise dem wahrhaft dringenden Interesse der Nation und dem erfahrungsmäßig Nothwendigen zugewendet bleiben, so wird die Zeit zwischen der Berufung und dem Zusammentritt des Parlaments unzweifelhaft hinreichen, um die Grundzüge einer Vorlage festzustellen, welche im Namen der Gesammtheit der Regierungen der Versammlung zur Prüfung darzubieten sind.

Die Bestimmung eines festen Termins für die Berufung des Parlaments wird aber der Nation zugleich die große Gewähr bieten, daß die Verhandlungen zwischen den Regierungen über die zu machenden Reformvorschläge nicht vollständig in's Ungewisse sich hinausziehen können.

Indem die Königliche Regierung alles Weitere den Verhandlungen mit ihren hohen Bundesgenossen vertrauensvoll vorbehält, stellt sie jetzt den Antrag:

Hohe Bundesversammlung wolle beschließen:

eine aus directen Wahlen und allgemeinem Stimmrecht der ganzen Nation hervorgehende Versammlung für einen noch näher zu bestimmenden Tag einzuberufen, um die Vorlagen der deutschen Regierungen über eine Reform der Bundesverfassung entgegenzunehmen und zu berathen;
in der Zwischenzeit aber, bis zum Zusammentritt derselben, durch Verständigung der Regierungen untereinander diese Vorlagen festzustellen.



Quelle: Protokolle der Bundesversammlung 1866, 12. Sitzung, § 90, S. 102ff.

Abgedruckt in Ernst Rudolf Huber, Hg., Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, dritte neubearbeitete und vermehrte Auflage. Stuttgart: W. Kohlhammer, 1978, Bd. 2, S. 224-25.

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