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Carl Ferdinand von Stumm-Halberg, Ansprachen an seine Angestellten (um 1889)

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Ich für meine Person würde keine Augenblick länger an Eurer Spitze aushalten, wenn ich an die Stelle meines persönlichen Verhältnisses zu jedem von Euch das Paktieren mit einer Arbeiterorganisation unter fremder Führung setzen müßte. [ . . . ] Ein solches Verhältnis wie zu einer fremden Macht würden mir schon mein sittliches Pflichtgefühl und meine christliche Überzeugung verbieten. [ . . . ] Sollte dies jemals anders und ich in der Tat verhindert werden, den Arbeiter auch in seinem Verhalten außer dem Betriebe zu überwachen und zu rektifizieren, so würde ich keinen Tag länger mehr an der Spitze der Geschäfte bleiben, weil ich dann nicht mehr imstande sein werde, die sittlichen Pflichten zu erfüllen, welche mir mein Gewissen vor Gott und meinen Mitmenschen vorschreibt. Ein Arbeitgeber, dem es gleichgültig ist, wie seine Arbeiter sich außerhalb des Betriebes aufführen, verletzt meines Erachtens seine wichtigsten Pflichten. [ . . . ] Ich könnte [ . . . ] eine ganze Reihe von [ . . . ] Handlungen von Arbeitern außerhalb des Betriebes nennen, gegen die ich es für die absolute Pflicht eines von seiner sittlichen Aufgabe durchdrungenen Arbeitgebers halte, einzuschreiten und sich nicht auf den bequemen Standpunkt zurückzuziehen und zu sagen: das, was der Arbeiter außerhalb des Betriebes macht, ist mir gleichgültig, ich interessiere mich lediglich für die Leistungen des Arbeiters, die er im Betriebe hervorbringt. [ . . . ] Ich führe das alles nicht an, um mir ein Verdienst daraus zurechtzumachen, denn ich tue damit einfach meine Pflicht als Mensch, als Christ und als Haupt der großen Neunkircher Arbeiterfamilie. [ . . . ] Ich glaube mit gutem Gewissen sagen zu dürfen, daß ich keinem meiner Berufsgenossen in den Wohlfahrtseinrichtungen nachstehe, jedenfalls nicht in dem Bestreben, nach bestem Wissen und Gewissen für Euer materielles und geistiges Wohl zu sorgen und das praktische Christentum zu bestätigen, wofür ich mich vor Gott verantwortlich fühle. Auf diese Weise hoffe ich, weit über meine eigenen Lebenstage dafür zu sorgen, daß Ihr für die Lockungen der Sozialdemokraten und anderen falschen Propheten unempfänglich bleibt, das ist die beste Wohlfahrtseinrichtung, welche ich Euch gewähren und hinerlassen kann. Bleibt fest für alle Zeit in der alten, unerschütterlichen Treue zu unserem erhabenen Monarchen, bleibt fest in der christlichen Nächstenliebe und der echten Gottesfurcht, welcher Konfession Ihr auch angehört, dann wird es Euch nach menschlichem Ermessen auch fernerhin wohlergehen.
[ . . . ]

Jeder Meister und Arbeiter soll sich auch außerhalb des Dienstes so aufführen, daß sie dem Hause Gebr. Stumm zur Ehre gereichen; sie können sich gegenwärtig halten, daß ihr Privatleben von ihren Dienstherren stets im Auge behalten wird. [ . . . ]

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