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Konservative Verurteilung von beruflicher Freiheit als Ergebnis einer eingreifenden staatlichen Bürokratie (1851)

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Man gebe den einzelnen Gewerben wieder eine Corporationsverfassung mit eigener Verwaltung, aber man marke auch streng ihre Gränzen ab und schütze ein Gewerbe vor den Uebergriffen des andern. Die Gränzlinie aufzufinden, wo sich das Recht der Fabrication von dem Rechte des Kleingewerbes scheidet, ist oft mißlich, aber die ganze Existenz des Kleingewerbes hängt auch nicht selten von der richtigen Feststellung dieser Gränzlinie ab. Die Scheidung der Gewerbe unter sich ist scheinbar eine kleine und leichte Sache, und unsere politischen Doctrinäre, deren scharfes Auge sieht wie dem Mann im Monde der Bart wächst, haben für solche Lappalien gar keinen Blick mehr übrig. Und doch handelt sich's auch hier wieder um eine gewichtige sociale Frage. Der Glaser z. B. muß etwas von Schreinerarbeit verstehen. Erlaubte man ihm aber, daß er diese, soweit er kann, auch selbständig betreibe, dann wird er bald ein gefährlicher Nebenbuhler des Schreiners in den einfachsten, d. i. in den einträglichsten Schreinerarbeiten seyn. Der letztere kann ihm dieß aber nicht heimgeben, denn die Glaserarbeiten liegen ihm ganz fern. So könnte es geschehen, daß in einem gewerbfreien Orte nur Kunstschreiner neben den Glasern aufzukommen vermöchten. Gerade die social wichtigsten, weil am zahlreichsten vertretenen Gewerbsklassen, werden durch solches Dilettantenwesen am gründlichsten verdorben.

Man möge sich auch verständigen, daß entweder den Kaufleuten der Handel mit Handwerksproducten untersagt, oder den Handwerkern der Verkauf von Rohstoffen ihres Gewerbes frei gegeben werde.

Dergleichen Dinge, wie die Feststellung der Gewerbebegränzung machen sich aber nicht auf der Schreibstube. Die Gesammtheit der Gewerbsleute weiß hier am besten Rath und Auskunft. Wo die Behörden in Gewerbsachen entscheiden müssen, da sollte ihnen immer ein technisches Collegium von Gewerbetreibenden begutachtend zur Seite stehen. Es ist in diesem Betracht in den letzten Jahren in vielen deutschen Ländern vieles gebessert worden. Der Beamte meint zwar gemeiniglich, der Schuster solle bei seinem Leiste bleiben, für seine Person glaubt er aber, daß nicht bloß mit dem Actenleisten, sondern im Nothfall auch mit dem Schusterleisten fertig zu werden.

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