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Stefan Heymann, „Kosmopolitismus und Formalismus” (1. Dezember 1949)

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Formalismus – Realismus

Es ist bedauerlich, daß die durch Alexander Dymschitz begonnene Diskussion über den Formalismus in der bildenden Kunst Deutschlands nicht zu Ende geführt wurde beziehungsweise wie das Hornberger Schießen endete. Aber ohne eine völlige Klärung dieser Probleme kann von einer neuen Entwicklung der Kunst in Deutschland nicht gesprochen werden. Die Hauptursache, warum die Diskussion vor einem Jahr mehr oder weniger resultatlos verlief, liegt meiner Ansicht nach darin, daß diese Diskussion zu isoliert geführt wurde. Die Diskussion beschränkte sich ausschließlich auf das Problem Formalismus – Realismus, ohne die anderen Fragen, über die ich oben einige Andeutungen machte, zu berühren.

Es ist daher unerläßlich, daß diese Diskussion von den fortschrittlichen Künstlern weiter und zu Ende geführt wird. Vor allem gilt es dabei den engen Zusammenhang zwischen fortschrittlicher Entwicklung und realistischer Kunst zu zeigen, den schon Goethe entdeckt hat.

Unser großer nationaler Kampf um die Einheit Deutschlands und den Frieden ist nicht nur untrennbar mit der ständigen Festigung unserer Demokratischen Republik und der Erfüllung und Übererfüllung der Wirtschaftspläne verbunden, sondern ebenso mit der Entwicklung einer neuen realistischen Kunst. Die deutschen Künstler können durch ihre Werke einen hohen und schönen Beitrag in diesem Kampf um die Existenz unserer Nation leisten. Nicht nur dadurch, daß sie, wie es heute schon vielfach geschieht, aktiv für diese nationalen Ziele unseres Volkes sich einsetzen, sondern auch dadurch, daß sie Werke schaffen, die das moralische und kulturelle Bewußtsein unseres Volkes stärken und heben. Dazu ist in erster Linie die restlose Liquidierung des Kosmopolitismus in der bildenden Kunst erforderlich.

Aus allem Gesagten ergibt sich, daß das Problem der bildenden Kunst keine Frage der Formensprache ist, sondern ausschließlich eine Angelegenheit der ideologischen Klärung. Nicht Uniformierung oder Gleichmacherei, sondern Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksmittel ist erforderlich, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Künstler und Werk in engster Verbundenheit mit dem Volk – das ist der Weg zur Erneuerung der deutschen bildenden Kunst.



Quelle: Stefan Heymann, „Kosmopolitismus und Formalismus“, Neues Deutschland, 1. Dezember 1949; abgedruckt in E. Schubbe, Hg., Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED. Stuttgart: Seewald Verlag, 1972, S. 127-30.

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