GHDI logo

„10 Jahre Sozialpolitik in beiden deutschen Staaten”: Artikel des ehemaligen Direktors der Sozialversicherung der DDR, Paul Peschke (Oktober 1959)

Seite 2 von 4    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Jährlich 10 bis 15 Milliarden für die atomare Aufrüstung auszugeben, schließt eben den versprochenen Wohlstand aus. In das Ruhrgebiet ist bereits der Notstand eingezogen. Dennoch handelt es sich bei dieser Politik der sozialen Unsicherheit nicht nur um taktische, sondern in erster Linie um grundsätzliche Bestrebungen. Die Sozialpolitik soll auf ein Niveau noch hinter Bismarck zurückgedrängt werden. Die soziale Unsicherheit der Arbeiter der frühkapitalistischen Periode schwebt den klerikalen Würdenträgern und den Unternehmerverbänden als Wunschtraum vor. Die Emanzipation der Arbeiter zur zukunftstragenden herrschenden Klasse soll auf den Ständecharakter zurückgewendet werden. Der vierte - der letzte -, der dienende Stand, das ist der Platz in der Gesellschaft, den die christliche Soziallehre des politischen Katholizismus der Arbeiterklasse zuweist, damit der Herrenstand immer erhalten bleibe. Hitler ist das nicht gelungen. Die CDU versucht es dennoch, denn sie hat das Erbe Hitlers angetreten. Das ist ihr Auftrag. Ohne eine in Ständefesseln geschlagene, dem Klassenbewußtsein und politischen Machtwillen abgekehrte Arbeiterschaft können die wieder nach Revanche durch kriegerische Eroberungen dürstenden deutschen Imperialisten nicht an die Verwirklichung ihrer Großmachtpläne gehen.

Die Zerstörung der in den 80er Jahren von den deutschen Arbeitern erkämpften, auf solidarischem Ausgleich beruhenden staatlichen Sozialversicherung ist daher ein wichtiger Bestandteil der reaktionären Innenpolitik der CDU. Bei den Rentenversicherungen ist das im Jahre 1957 unter Anwendung einer breiten und kostspieligen sozialen Demagogie schon zu einem erheblichen Teil gelungen.

Die folgenden, seit der Bismarckzeit ausgebauten staatlichen Verpflichtungen wurden abgeschafft:

1. Der Grundbetrag, der jeder Rente in Höhe von 40 DM im Monat zugeschlagen wurde und den der Staat zahlte.

2. Die Mindestrentenbestimmung, die mit dem Grundbetrag verhinderte, daß Renten unter den Mindestsatz sanken. (Seitdem tauchen immer häufiger Zwergrenten unter 50 DM auf. Ab 1962 werden sie für einen großen Teil der Rentenempfänger wieder die Regel sein.)

3. Unabdingbarkeit des Rentenbescheides. Als Grund wird angegeben, die Renten der Produktionsbewegung anzupassen (dynamische Rente). Das erlaubt der CDU, wenn es ihr paßt, die nominelle Herabsetzung der Rentenhöhe. Seit dem Jahre 1957 werden die Reserven angegriffen, und die jährlichen Rücklagen der Arbeiterrentenversicherung gehen zurück.

4. Die Arbeitsinvaliden wurden aus ihren Versicherungsrechten herausgesetzt und der „Fürsorge“ der Staatsbürokratie ausgeliefert.

5. Der Altersversicherung nahm man den sozialen Charakter. Das soziale, auf Ausgleich beruhende Versicherungsverhältnis ist weitgehend dem einer individuellen Privatversicherung angepaßt worden, wobei man die Altersrente zu einer reinen Beitragsrente ohne Staatszuschuß veränderte. Jeder Versicherte soll jährlich seinen Kontobeleg erhalten.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite