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Auszüge aus dem Staats-Lexikon: „Familie, Familienrecht” (1845-1848)

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Die Kinder sind das wahre und unbestreitbare Eigenthum der Eltern. Kein anderes Eigenthumsrecht ist so wohl begründet als dieses; und obwohl es in Bezug auf seinen Inhalt — weil nehmlich werdende Personen, nicht bloße Sachen sein Gegenstand sind — von dem gemeinen Eigenthumsrechte abweicht, nehmlich durch jene Eigenschaft seines Gegenstandes in der Ausübungsweise wesentlich beschränkt ist: so wird dadurch gleichwohl nichts in dem Verhältniß zu allen andern Personen geändert, d. h. es ist gegen diese ein streng ausschließendes und unantastbares. Wer dieses Recht bezweifelt, der bedenke doch, daß ja selbst die Ehegatten wechselseitig eines des andern Eigenthum, d. h. ausschließend eines dem andern angehörig sind, und daß doch offenbar die Verbindung des Kindes mit den Eltern eine noch weit innigere und wahrhaftere als jene des Gatten mit der Gattin ist. Die Kinder gehören den Eltern, so wie die Theile ihres eigenen Leibes ihnen angehören. Wer will zumal der Mutter das Eigenthum des Kindes bestreiten, das sie unter ihrem Herzen trägt, oder, nachdem sie es alldort getragen, jetzt an ihren Brüsten nährt?? Minder handgreiflich zwar, doch dem rechtlichen Verstande gleich erkennbar und vom Naturgefühl gleich wohl begriffen, ist das auch nach dem Entwöhnen fortdauernde Eigenthum der Mutter auf das von ihr geborne und von ihr gesäugte Kind, dessen weitere — selbst nur physische — Pflege auch jetzt noch die unausgesetzte Sorgfalt, Mühe und Nachtwachen in Anspruch nimmt; und eben so auch des Vaters, und zwar schon als Erzeugers und dann als natürlichen Mit-Eigenthümers und Mit-Besitzers alles der Gattin gehörigen Gutes, auch fortwährenden Theilnehmers an allen Sorgen und Mühen der Erhaltung und Erziehung des Kindes, endlich auch als Hauptes der Familie und als mit den fortschreitend sich mehrenden und wichtiger werdenden Erziehungs-, Bildungs- und Versorgungsangelegenheiten des Kindes ganz vorzugsweis Belasteten.

Dieses Eigenthumsrecht der Eltern auf ihre Kinder nun, nach seinem Inhalt bestimmt und beschränkt durch die Eigenschaft seines Gegenstandes als werdender Person, und nicht nur in diesen Schranken gehalten, sondern in seiner Ausübung zur fortwährenden Richtung aufs Wohl des Kindes gelenkt durch das Naturgefühl und durch das Sittengesetz, endlich noch, mittelst des Verhältnisses der Eltern zu einander selbst, als Ehegatten, und Beider zusammen zu der Gesellschaft umher, mit wirklichen Rechtspflichten oder Schuldigkeiten verbunden. [ . . . ]

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