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Ein Skeptiker betrachtet die Hexenverfolgung eingehender – Friedrich von Spee (1631)

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Ich entgegne II: Es gibt mehr Sonderverbrechen als nur die Hexerei; bei diesen anderen mag es denn zutreffend sein, was man mir entgegenhält. Und wenn die Gegner es wollen, so mögen sie dort den Denunziationen der Teilnehmer glauben. Bei der Hexerei allein aber kann ich dem nicht zustimmen, eben um jener besonderen — oben genannten — Gründe willen, die sich bei den anderen Sonderverbrechen nicht in dieser Weise finden.

III. Argument. Man muß solange der Regel vertrauen und sich an sie halten, als nicht das Vorliegen einer Ausnahme oder ihr Versagen nachgewiesen ist. Die Gesetze aber, auf die wir uns als solche Regel stützen, vertreten den Standpunkt, daß man den Denunziationen der Zauberer zu vertrauen hat, folglich [ . . . ] Letzteres ist zu beweisen aus L. fin. Cod. de maleficis et mathematicis, wo bestimmt ist, daß die Zauberer gefoltert werden sollen, damit sie ihre Mitschuldigen nennen. Der Gesetzgeber ist also auch der Ansicht, man müsse ihren Denunziationen vertrauen. Vom Wortlaut des Gesetzes, von der Vernunft und gemeinen Meinung abzuweichen aber ist im höchsten Grade unverantwortlich. (Binsfeld S. 253.)

Ich entgegne I: Es ist richtig, daß man solange der Regel vertrauen und sich an sie halten muß, als nicht das Vorliegen einer Ausnahme oder ihr Versagen nachgewiesen ist. Es ist auch richtig, daß es unverantwortlich ist, vom Wortlaut des Gesetzes und von der gemeinen Meinung abzuweichen, wenn es ohne vernünftigen Grund geschieht. Wir erklären ja aber, daß wir von der Regel, dem Wortlaut des Gesetzes und der gemeinen Meinung mit gutem Grunde abweichen und indem wir das Versagen der Regel nachweisen. Das haben wir oben mehr als genug getan. Der Leser mag es sich nur wieder ins Gedächtnis zurückrufen.

Ich entgegne II: Man kann den Zauberern zweierlei Arten von Fragen über andere Schuldige stellen.

I. Nach Mitschuldigen, ob sie welche beim Ermorden von Menschen, Umbringen von Tieren, Schadenstiften und dergleichen Verbrechen gehabt haben.

II. Nach Mitschuldigen ihrer Sabbate und Spiele, die zauberische Künste geübt haben, dort gesehen worden sind usw. Demnach sage ich, die Gesetze meinen nur die Fragen der ersten Art. Wir geben auch zu — wenn die Gegner nur dies wollen —, daß man bei Fragen der ersten Art den Zauberern einigen Glauben schenken darf, ganz besonders, wenn sie noch Einzelheiten angeben, die dazu stimmen und aus denen sich solche Indizien für die Richtigkeit der Denunziation entnehmen lassen, die einen klugen, besonnenen Mann zufriedenstellen können. Das heißt, wenn — nach den Worten der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. — etwas ausgesagt wird, was „keyn vnschuldiger also sagen vnnd wissen kundt“, wie ich schon einige Male betont habe. Bei Fragen der zweiten Art jedoch darf man ihnen nicht glauben, weil sie — auch falls sie hier die Wahrheit sagen wollen — es nicht immer können, aus den oben genannten, auf der Gefahr einer Täuschung über die Vorgänge auf dem Hexensabbat beruhenden Gründen.

[ . . . ]

VII. Argument. Es ist in der Praxis der Kirche überliefert, daß man den Hexen glauben soll. Denn die Richter haben zu allen Zeiten auf derartige Denunziationen hin die Inquisition gegen die Denunzierten eingeleitet. (Gleichfalls Binsfeld S. 259.)

Ich entgegne I: Wenn das auch die Praxis vieler Richter war, so ist sie doch nicht von allen befolgt worden. Ich habe ja oben gezeigt, daß es unserer Meinung auch nicht an gelehrten Autoritäten fehlt.

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