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Das bayerische Hexenmandat (1611)

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[So sei] nit allein uber diejenige, welche sich Artis divinandi, oder deß wahrsagens, es sey gleich mit widerbringung gestolnen oder verlornen Guets, oder in ander weeg anmassen, sonder auch welche Superstitiones und Aberglauben mit Wercken oder Worten und Segen, oder dergleichen verdächtige sachen gebrauchen, alles fleiß [zu] inquiriern und nach[zu]forschen, insonderheit auff die Nachrichter und dergleichen gesellen, wie auch etliche alte Weiber, bey denen in solchen sachen gemeinigklich raht gesuchet wird, auch auff die jenige Schmidt auff dem Landt, und wol auch in Stätten, die zu zeiten seltzame Künst yeben und gebrauchen, Ir spech und obacht haben [ . . . ].

Es sollen auch die Beambte diß Mandat sambt dem Libell alle Jahr zweymal, zu Weinachten, und umb oder nach Pfingsten auff offentlichen Cantzeln verlesen lassen.

[ . . . ] Geben und geschehen in unser Statt München, under unserm fürgetruckten Secret, den zwölfften Tag Monats Februarij, Anno M.DC.XI.

[Es folgt eine detaillierte Übersicht über abergläubische, magische Praktiken:]

Verzaichnus und Specification etlicher derjenigen Künst und Sortilegien, auch Superstitionen und Aberglauben, welche in gegenwertigem Mandat verbotten, darnach andere, so nit specificiert, leichtlich erkent und geurtheilt werden mögen.

[Das Mandat schließt mit 16 Artikeln, welche detaillierte Strafbestimmungen formulieren. Teufelsanbetung wird mit dem Feuertod bedroht (Art. 1), wer den Teufel anruft, ohne ihn wie Gott anzubeten, wird »nur« geköpft (Art. 2). Weitere Beispiele:]

3. Articul. Die Wahrsager, Zauberer, Schwartzkünstler und dergleichen gesindel, welche umb der ursachen willen zu andern Leuthen in ihre, oder sonsten in frembde Heuser gehn, damit sie wahrsagen, oder ihr Zauberey und Wahrsagerkunst treiben, und im werck vollbringen, Item die jenige, welche Teuflische Zauberische verbottne Künste brauchen, dardurch sie Wahrsagen, haimbliche sonsten unbekandte unbewuste verborgene sachen erforschen, und entdecken, offenbaren, traum außlegen, Nativitetenstellen etc. wie in gleichem auch die jenige, so sich für dergleichen Künstler außgeben, und darfür wöllen angesehen seyn, und welche sich gegen den jenigen, die umb dergleichen sachen willen zu ihnen kommen und sie fragen, willig und beraith hierzu anerbieten, dise allesambt so solche Verbrechen ernstlich begangen oder doch andere Leuth darmit verführt zuhaben uberwunden, sollen mit dem Schwerdt hingerichtet werden.

4. Articul. Also auch diejenigen, welche durch philtra oder eingebung speiß oder trancks oder anderer ding machen und zuwegen bringen, daß eins das ander muß lieb haben, oder hingegen auff solche oder andere Zauberische weiß neydt und haß under den Leuten erwecken, nicht weniger die Mann und Weiber verzaubern, es geschehe durch eingeben oder Aberglaubische verknüpffung, oder in andere weg, daß sie ohnwiderbringlich untauglich und unfruchtbar werden, oder doch umb all jhre gesundtheit kommen, die auch durch Aberglaubische mittel und Zauberwerck gefährliche und tödtliche Kranckheiten jemants anhengen, sollen alle gleichermassen mit dem Schwerdt gerichtet, und zu zeiten nach gelegenheit der umbständt solcher Verbrechen auch wol hinnach zu Aschen verbrennt werden.

5. Articul. Alle die jhenige, welche zu den Zauberern, Wahrsagern, und andern jetzt vermelten Personen gehn, lauffen, oder sie zu sich beruffen, sie um rath fragen, jnen glauben, auch beyfall geben, und jrer hülff und raths sich gebrauchen, da hierauß kein schaden erfolgt, so höher und am leben zustraffen, die sollen zu ewigen zeitten deß Landts verwiesen und alsdann jre Haab und Güter der Obrigkeit heimbgefallen seyn. [ . . . ]

7. Articul. Der oder die jenige, welche nicht in ernst, sonder allein auß fürwitz schimpfsweiß, und kurtzweil halben (wie es sich etwan zu zeiten begibt) Zigeuner, Wahrsager, Zauberer, und andere fragen, ihnen die Hände bietten, darein sehen, und wahrsagen lassen, und man ein solches eigentlich von ihnen waiß, der oder dieselben sollen ein gantzes Monat aintweders in der Gefencknuß mit Wasser und Brodt abgestrafft, oder aber in einem Baw und dergleichen Handtarbeit zuverrichten, gegen empfahung der blossen notwendigen Leibs underhaltung geschickt, oder doch an einem Son- oder Feyrtag, wie vorangeregt worden, jederman zu schandt und spott für die Kirchen gestelt, oder ains oder zwaymal in der Keuchen mit Ruethen wol abbüeßt werden. Weren dann solche ursachen oder umbstende verhanden, warumben dern jetzt verstandenen straffen keine statt hette, so mag alsdann ein billich und gleichmessige geltstraff erkent und den verbrecher aufferladen werden. [ . . . ]

10. Articul. Diejenige so nicht allein den Teuffel wie Gott angeruffen, angebettet, und verehret, sonder noch darzu Menschen, Viech, und den Früchten durch zauberey schaden zugefügt, sollen mit ebenmessiger straf deß Fewrs und einziehung der Gütter, auch nach gestaltsame begangener missethaten und schäden, ehe sie in das Fewr gesetzt, am Leib als mit eim, zweyen oder mehr griffen, durch glüende Zangen oder sonsten abgebüest werden. [ . . . ]

15. Articul. Die Alchimisterey und Kunst Goldt auß etwem anderm, das nicht Goldt, und Silber auß nicht Silber zu machen, [ . . . ] solle [ . . . ] hiemit gentzlich und allerdings verbotten, und die uberfahrer dises verbotts von jedermennigklich für nichtloß und undüchtig gehalten, auch nach jhrem vermögen, umb ein nambhaffte Summa Gelts, oder in mangl dessen mit Gefencknus, Landtsverweisung, etc. oder anderwerts nach rechtlicher ermässigung gestrafft werden.



Quelle: Wolfgang Behringer, Hg., Mit dem Feuer vom Leben zum Tod. Hexengesetzgebung in Bayern. München, 1988, S. 165-70; abgedruckt in Bernd Roeck, Hg., Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555-1648. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 4. Stuttgart: P. Reclam, 1996, S. 160-68.

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