GHDI logo

Rebellen und Ottomanen – Die Habsburger Monarchie schließt Frieden (1606)

Seite 3 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


B) Der Waffenstillstand von Zsitva-Torok mit dem ottomanischen Sultan (11. November 1606)


[ . . . ] Bekennen und thun kund mit diesem Brief jedermänigklich, wem dis zu vernemben Noth ist, für uns, unsere Erben und Nachkommen, daß zwischen uns an einem und dann dem durchlauchtigsten und großmechtigsten Fürsten Sultan Ahmed, türckischen Kayser, auch in Asia und Graecia anderstheils, durch unser mit vollmechtigen Gewalt dartzue teputirten Commissarien auf zwayntzig Jahr, die nechst volgenden, einen Frieden eingegangen, gemacht und geschlossen worden [ . . . ].

1. Erstlich, daß beyder nechst zu baiden Kaysern abgeordneten Legaten, der eine zum Vatter, der ander aber zum Sohn angenohmen werde, und daß dies bey jetziger Legation geschehe.

2. Zum andern, daß sie in allen Schreiben, Briefen und Besuchungen freundlich procediren und, daß einer den andern einen Kayser, nicht aber einen König nenne.

3. Zum dritten sollen auch die Tartarn und andere Nationen in diesen Fried begriefen sein [ . . . ].

4. Zum viertten solle zwischen den zweyen Kaysern in allen Orthen Fried gehalten werden [ . . .].

[Art. 5 verbietet gegenseitige Plünderungszüge.]

6. Sechsten soll kein Vestung noch Schloß weder heimblich noch offentlich, noch mit einerley Practicen uberfallen noch eingenohmen [ . . . ] werden. Das aber, so Herren Bockey nach Inhalt des Wiener Vertrages gewilliget und gegeben worden, soll ihme bleiben.

[Art. 7 regelt den Gefangenenaustausch.]

8. Achtens soll der Oberste zu Raab, desgleichen der Passa (1) von Ofen (von welchem die andern Passa dependiren sollen), sowoll die Obersten diesseits und jenseits der Thonau und der Ban in Windischland (2) alle Beschwerligkeit, Zanckh und Unruehe auf den Gräntzen zu verhüten und abzustellen allen Gewalt haben. Da aber ein wichtige Sach, die durch sie nicht möchte erörtert werden, fürfiehle, soll hierüber ein jeglicher Kayser ersucht werden.

9. Neunden mögen die Schlösser und Vestungen an ihrem alten Orth von jedem Thail wider erbauet und bevestiget werden. Von neuen aber Vestung oder Castel aufzubauen soll verboten sein.

10. Zehenden solle von unserm Theil ein Legat mit Ehrungen zu dem türckischen Kayser abgefertiget und entgegen von Murat Passa, Zerdar (3), ein Legat zu der Fürstl. Durchl. Ertzhörtzog Matthias auch mit Ehrungen geschickt werden. Und wan unserer Legaten auf Constantinopl ankommen, soll entgegen der türckischen Kayser zu Ratificirung des Friedes zu unsern Kayser ein Legation nach Praag schickhen mit besseren Verehrungen und Geschenckhen, als vor etwo im Brauch gewesen.

11. Elfften solle anietzo der Kays. Mayt. Legat nach Constantinopel ein Verehrung bringen, in Maßen die zuegesagt worden 200 000 Gulden werth, doch ein Mahl für alle Mahl.

12. Zwölfften solle dieser Fried auf 20 Jahre wehren, antzuraiten von dem 1. Tag Januarii des künfftigen Jahrs, und nach 3 Jahren soll jeder Kayser zum andern seine Legaten mit Verehrungen schickhen [ . . . ].

13. Dreytzehenden, daß Wätzen (4) möchte widererbauet, aber nich erweitert werden, soll es in unseren Handen bleiben.

14. Viertzehenden, wann nun unsere Legaten zu Constantinopel angelangt, soll inen freystehen, vom türckischen Kayser zu begehren, was sy wollen.

[Art. 15 betrifft die Regelung territorialer Fragen. U. a. wird die Stellung von Edelleuten in der Türkei zugefallenen Dörfern und der Modus der Steuer- bzw. Tributeinziehung geregelt:]

[ . . . ] so etwo Edelleuth daselbst wohnen oder Häuser daselb haben, die sollen den Türckhen weder Tribut noch Zehend geben, gar nicht unterworffen oder dienstbar, sondern allerdings sowoll für ire Häuser, ire Gründ als irer Persohn frey sein. Und welche ihren ordentlichen König nichts geben dörffen, sollen auch den Türggen nichts zu geben schuldig sein.

Es sollen auch die Türckhen auf die Dörffer nicht selbst herauskommen, sondern durch die Richter yedes Orth ire Einkommen einfordern. Wann aber die Richter, das was sie schuldig nicht laisteten, solle man ihren Haubtleuthen oder ordentlichen Obrigkeiten darumb zueschreiben, daß sy die dartzue halten. So auf diese Weis aber auch nichts ausgericht, alsdann mögen die Türckhen hinauskommen und die mit Ernst zur Gebühr halten, gleichergestalt soll es auch bey den Ungern gehalten werden. [ . . . ]



(1) Pascha; Titel für Wesire, Statthalter und andere Würdenträger. [Fußnoten stammen aus: Bernd Roeck, Hg., Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555-1648. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 4. Stuttgart: P. Reclam, 1996, S. 129-31.]
(2) »Ban« war der Titel für den Befehlshaber der südungarischen Grenzmarken; ab dem 16. Jh. nur noch auf Kroatien-Slawonien (»Windischland«) bezogen.
(3) Serdar; Titel für türkische Würdenträger.
(4) Waitzen; strategisch bedeutsame Festung oberhalb von Pest am linken Donauufer.



Quelle: Karl Nehring, Adam Freiherrn zu Herbersteins Gesandtschaftsreise nach Konstantinopel. Ein Beitrag zum Frieden von Zsitvatorok (1606). München: Oldenbourg, 1983 (Sudösteuropäische Arbeiten 78), S. 150-55; abgedruckt in Bernd Roeck, Hg., Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555-1648. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 4. Stuttgart: P. Reclam, 1996, S. 129-31.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite