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Der böhmische Religionsfrieden (Juli 1609)

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Ferner, wenn jemand von den utraquistischen Ständen dieses Königreichs, außer den Kirchen und Gotteshäusern, welche sie jetzt besitzen und ihnen vorher schon zuständig gewesen (bei welchen sie auch friedlich gelassen und geschützt werden sollen) in Städten, Flecken, Dörfern und anderswo noch mehrere Gotteshäuser oder Kirchen zum Gottesdienst, oder auch Schulen zur Bildung der Jugend wollte oder wollten erbauen lassen; so sollen dieses sowohl der Herrn- und Ritterstand, als auch die Prager, Berg- und andere (königliche) Städte alle gemeinschaftlich und jeder insbesondere ohne Hindernis von Seite irgendeines Menschen auf alle beliebige Weise jederzeit frei und offen tun können. Und weil in vielen Unsern königlichen, auch Ihrer Majestät der Kaiserin Städten, als Königin von Böhmen, beide Religionsparteien Katholiken und Utraquisten beisammen wohnen, so wollen und befehlen Wir insbesondere, daß zu Erhaltung der Liebe und Eintracht, jede Partei ihre Religion frei und uneingeschränkt ausübe, sich von ihrer eigenen Geistlichkeit leiten und dirigieren lasse, und kein Teil dem andern in seiner Religion und deren Gebräuchen etwas vorschreibe, noch die Ausübung der Religion, Beerdigung der Leichen in Kirchen und Kirchhöfen oder das Geläute verwehre.

Vom heutigen Tage an soll niemand, weder die höhern freien Landstände noch die Bewohner untertäniger Städte und Flecke, noch die Bauern von ihren Obrigkeiten oder irgend jemand, sei es von geistlichen oder weltlichen Personen, von ihrer Religion abgedrängt und zu einer andern Religion durch Gewalt oder auf irgendeine ersonnene Art gezwungen werden.

Weil alles, was eben bestimmt worden, von Uns um Aufrechterhaltung der Liebe und Eintracht willen redlich gemeint und verordnet worden ist; deshalb versprechen und geloben wir bei Unserm königlichen Worte, daß alle diese zur böhmischen Konfession sich bekennenden drei Stände Unseres Königreichs Böhmen, ihre gegenwärtigen und künftigen Nachkommen, bei dem allen, was oben schriftlich geordnet worden, von Uns, Unsern Erben und zukünftigen Königen in Böhmen allenthalben vollkommen und unverletzt sollen gelassen und beschützt werden, so wie Wir sie auch in den Religionsfrieden des heiligen Reichs, als das vornehmste Mitglied desselben, gänzlich mit einschließen und bestätigen, worin ihnen weder von Uns, Unsern Erben und künftigen Königen in Böhmen, noch von jemand anderem geistlichen oder weltlichen Standes auf künftige und ewige Zeiten irgendein Eintrag geschehen soll. Es sollen auch wider den obbemeldeten errichteten Religionsfrieden, und wider die von Uns den utraquistischen Ständen erteilte feste Sicherung, keine Befehle und nichts dergleichen, was ihnen irgend worin das geringste Hindernis oder einige Abänderung verursachen könnte, weder von Uns, Unsern Erben und nachfolgenden Königen in Böhmen, noch von sonst jemandem an sie ergehn, auch von ihnen nicht angenommen werden. Wenn aber auch etwas derlei erfolgen, oder von wem immer vorgenommen werden möchte, soll es keine Kraft haben und in dieser Sache, sei es mit oder ohne Recht, kein richterliches Urteil noch ein Ausspruch mehr gültig sein. Daher Wir alle vorigen wider die bemeldete utraquistische Partei, und die sich zur ofterwähnten böhmischen Konfession bekennen, von wo immer ergangenen Befehle und Mandate gänzlich aufheben, für ungültig und nichtig erklären, dergestalt, daß dieses alles, was bei diesem Artikel die Stände von uns gegenwärtig und vorher begehrt, und Wir denselben bestätigt haben, auch was inzwischen vorgegangen, ihnen allen, den vereinigten drei Ständen dieses Königreichs insgesamt oder einzeln nie zum Nachteil und Abbruch ihres guten Rufs oder zu irgendeiner Beschwerde gereichen, noch von Uns und den folgenden Königen in Böhmen in irgendeine ihnen nachteilige Erinnerung gebracht, auch nichts abgeändert werden soll, jetzt und auf künftige ewige Zeiten. Wir gebieten demnach den obersten Landbeamten, Landrichtern und Unsern Räten, wie auch allen Landständen, den dermaligen und zukünftigen Einwohnern dieses Königreichs, Unsern Lieben, Getreuen, daß ihr sie, die Herren, Ritter, Prager, Berg- und sämtliche Städte, ja alle drei Stände dieses Königreichs, mit allen ihren Untertanen, und überhaupt die zu der oftbemeldeten böhmischen Konfession samt und sonders sich bekennende Partei unter beiderlei bei dieser Unserer Sicherstellung und diesem Majestätsbrief wie derselbe in allen seinen Artikeln und deren Inhalt lautet, vertretet und schützet, ihnen darin keine Hindernisse legt, noch irgend jemanden zu legen gestattet, bei Vermeidung Unseres Zornes und Unserer Ungnade. Und sofern jemand, wer es auch sei, von geistlichen oder weltlichen Personen, sich unterstünde, diesen Majestätsbrief zu übertreten, achten Wir uns schuldig, samt Unsern Erben und künftigen böhmischen Königen, wie auch den Ständen dieses Königreichs, jeden solchen als einen Verletzer des gemeinen Besten und Störer des Friedens anzusehen, und die Landstände dagegen zu schützen und zu verteidigen, wie solches die Landesordnung in dem Artikel von der Beschützung des Landes, der Ordnungen und Rechte bestimmt und ausweist.

Endlich befehlen wir den hohen und niedern Beamten bei der Landtafel Unseres Königreichs Böhmen, daß sie zum künftigen Gedächtnis diesen Unsern Majestätsbrief bei der Landtagsrelation, welche bei dem jetzigen Landtage von allen drei Ständen dieses Königreichs zu der Landtafel geschehen wird, in die Landtafel eintragen und einschreiben, und alsdann gegenwärtiges Original zu andern Freiheiten oder Landesprivilegien nach Karlstein bringen lassen. Zu Urkund dessen haben Wir diesem Majestätsbriefe Unser kaiserliches Insiegel anzuhängen befohlen. [ . . . ]

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