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Stimmungsbericht der SED Betriebsparteiorganisation im VEB Bergmann-Borsig (1955)

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Die Kollegen sind mit der von uns gegebenen Argumentation im wesentlichen einverstanden. Sie gehen aber wenig auf die Lage der Werktätigen in Westdeutschland ein. Der Brief Dulles an Adenauer ist den Kollegen unbekannt. Sie sind der Meinung, dass sich die FDP und CDU öfter zanken und auch wieder vertragen.

Es wird in diesem Bereich auch noch darüber diskutiert, dass die Löhne der Facharbeiter im Verhältnis zu den angelernten Arbeitern zu gering ist.

In der Technischen Leitung wurde ebenfalls die Qualität und der Preis der Schieberwaren bemängelt.

Der 14tägige Verkauf von verbilligten Waren kam zu unvorbereitet, so dass die Kollegen nicht finanziell darauf eingerichtet waren. Außerdem waren bestimmte Waren zu schnell ausverkauft.

Die Frage, warum nach 10 Jahren noch verschieden Lebensmittelkarten in der DDR und Berlin sind, konnte von den Gen. Schöpp, Biehhan und Koll. Wege nicht geklärt werden, da sie selbst nicht von der Notwendigkeit überzeugt sind.

Ein weiterer Diskussionspunkt in der Techn. Leitung war, dass es 1951 und 1952 besser war. Da gab es Lohn- und Gehaltserhöhungen bzw. HO-Preissenkungen, was in der letzten Zeit sehr vermisst wird.

Durch Agitatoren wurde aufgezeigt, dass Preissenkungen nur möglich sind, wenn die Arbeitsproduktivität weiterhin gesteigert wird.

Ein Teil der Kollegen brachte zum Ausdruck, dass sie in Zukunft nichts sagen werden, wenn sie mit ihren Hinweisen und Kritiken namentlich genannt werden.

Im Turbinenbau diskutieren die Kollegen Hobler, sie wollen arbeiten und dazu beitragen, unseren Plan zu erfüllen. Aber z. Zt. ist bei ihnen die Arbeit knapp.

Starke Diskussionen gibt es über die Weihnachtsgratifikation. So z. B. das Weihnachtsgeld müsste in Höhe von mindestens einem Wochenlohn sein. Warum haben die Schlosser solch hohen Verdienst und wir Transportarbeiter so wenig.

Wir arbeiten doch alle und Borsig in Tegel gibt täglich Inserate auf, da könnten wir gleich anfangen.

Im Werkzeugbau wird im allgemeinen über die Politik Adenauers wenig diskutiert. Kollegen sagen, dafür haben wir kein Interesse. Dort diskutieren die Kollegen, die Lebenshaltungskosten sind noch zu hoch, die Kartoffelpreise sind aus dem Grunde zu niedrig bei uns, weil das Roden durch feiwillige Ernteeinsätze kein Geld gekostet hat. Der versprochene Wohlstand der Arbeiterschaft ist nicht eingetreten. Die Ankündigung das Kartensystem abzuschaffen, ist nicht eingehalten worden. Man soll künftig nicht so viel versprechen. Im Bezirk Pankow ist eine sehr schlechte Warenstreuung, die Bezirke Mitte und Weißensee werden weit besser versorgt. Große Empörung herrscht über das Anstehen beim Einkauf außerhalb unseres Betriebes. Die negativen Diskussionen beginnen bei dem schlechten Berufsverkehr, der Autobuslinie A 45 und A 55. Dort sind die meisten Kollegen schon verärgert, weil sie nicht mitkommen. Die Schokolade (Schieberware) ist zu teuer, sie kostet in Westberlin nur 4.– Dm [!] und ist dafür noch frischer.

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