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Hirtenbrief, beschlossen von der Konferenz der katholischen Bischöfe Deutschlands in Fulda (23. August 1945)

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[DANK DEN PRIESTERN UND LAIEN]

Auch dir, liebe Jugend, gilt unser besonderer Dank. Ihr seid bis aufs Blut für eure Ideale eingestanden, und eure Haltung war uns Trost und Stütze in einem menschlich aussichtslos erscheinenden Kampfe.

Wir danken all den Priestern und all den Laien, die so zahlreich und so unerschrocken für Gottes Gesetz und Christi Lehre eingetreten sind. Viele sind im Kerker und durch Mißhandlungen wahre Bekenner geworden und viele haben für ihre Überzeugung das Leben geopfert.

Wie erwärmt die Erinnerung daran unser Herz, daß immer und immer wieder Katholiken jeden Standes und Alters sich nicht gescheut haben, Volksgenossen fremden Stammes zu beschützen, zu verteidigen, ihnen christliche Liebe zu erweisen. Gar mancher ist für eine solche Liebestat im Konzentrationslager zugrunde gegangen! Ihm ist sein „übergroßer Lohn“ geworden, uns allen aber die tröstende Gewißheit, daß in unserem Volke Christentum geübt wurde trotz aller Bedrückung und Verfolgung.

Gerührt erinnern wir uns all derer, die ihr karges tägliches Brot mit einem unschuldig verfolgten Nichtarier teilten und Tag für Tag gewärtig sein mußten, daß ihnen mit ihrem Schützling ein furchtbares Los bereitet werde.

Katholisches Volk, wir freuen uns, daß du dich in so weitem Ausmaße von dem Götzendienst der brutalen Macht freigehalten hast. Wir freuen uns, daß so viele unseres Glaubens nie und nimmer ihre Knie vor Baal gebeugt haben. Wir freuen uns, daß diese gottlosen und unmenschlichen Lehren auch weit über den Kreis unserer katholischen Glaubensbrüder hinaus abgelehnt wurden.

Und dennoch: Furchtbares ist schon vor dem Kriege in Deutschland und während des Krieges durch Deutsche in den besetzten Ländern geschehen. Wir beklagen es zutiefst: Viele Deutsche, auch aus unseren Reihen, haben sich von den falschen Lehren des Nationalsozialismus betören lassen, sind bei den Verbrechen gegen menschliche Freiheit und menschliche Würde gleichgültig geblieben; viele leisteten durch ihre Haltung den Verbrechen Vorschub, viele sind selber Verbrecher geworden.

Schwere Verantwortung trifft jene, die auf Grund ihrer Stellung wissen konnten, was bei uns vorging, die durch ihren Einfluß solche Verbrechen hätten hindern können und es nicht getan haben, ja diese Verbrechen ermöglicht und sich dadurch mit den Verbrechern solidarisch erklärt haben.

Wir wissen aber auch, daß bei solchen, die in abhängiger Stellung waren, insbesondere bei Beamten und Lehrern, die Parteizugehörigkeit oftmals nicht eine innere Zustimmung zu den furchtbaren Taten des Regimes bedeutete. Gar mancher trat ein in Unkenntnis des Treibens und der Ziele der Partei, gar mancher gezwungen, gar mancher auch in der guten Absicht Böses zu verhüten. Es ist eine Forderung der Gerechtigkeit, daß immer und überall die Schuld von Fall zu Fall geprüft wird, damit nicht Unschuldige mit den Schuldigen leiden müssen. Dafür sind wir Bischöfe von Anfang an eingetreten und dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen.

[RELIGIONSUNTERRICHT]

Wir werden aber auch alles daran setzen, daß im Volke, insbesondere in der Jugend, die Gedanken von Gottesrecht und Menschenrecht, von menschlicher Würde und Gewissensfreiheit wieder fest wurzeln und daß von innen heraus einer Wiederkehr solcher Zustände und eines neuen Krieges vorgebeugt werde.

Wir wollen neu aufbauen und sind dankbar für jede Hilfe, die uns zuteil wird bei unserer religiösen Sendung. Wir hoffen, daß katholischen Eltern wieder die Möglichkeit gegeben wird, ihre Kinder in katholische Schulen zu schicken. Es gibt keine bessere Bürgschaft für die Gesundung der geistigen Lage als eine wahrhaft religiöse Erziehung, die in der Bekenntnisschule gesichert ist. Darum bestehen wir in Einmütigkeit und Übereinstimmung mit den Weisungen Papst Pius‘ XI. in seiner herrlichen Erziehungsenzyklika auf der katholischen Schule für die katholischen Kinder.

Wo keine Möglichkeit einer öffentlichen katholischen Schule gegeben ist, muß der Kirche die Freiheit bleiben, private katholische Volksschulen zu errichten. Ebenso verlangen wir katholische höhere Privatschulen, besonders die Ordensschulen, wie sie vor 1933 bestanden und segensreich gewirkt haben. Wir stützen unsere Forderung auf unser durch Gesetz und Konkordat verbürgtes Recht. Wir erwarten von allen Gläubigen, daß sie unsere Bemühungen um die echt katholische Erziehung der Kinder nach Kräften unterstützen.

Geliebte Diözesanen! Wenn wir nach dem furchtbaren Zusammenbruch jetzt einen neuen Anfang machen, wenn wir das Haus unseres völkischen und staatlichen Lebens neu aufrichten wollen, dann laßt uns dabei die Lehren der jüngsten Vergangenheit beachten! Hatte man nicht das Haus bauen wollen, ohne daß der Herrgott mitbaute? Ist es nicht letztlich darum zum Turm von Babel geworden? Hatte man nicht bauen wollen, ohne den einen Eckstein zu beachten, den Gott selbst gelegt hat, Jesus Christus, durch den allein wirksam und auf die Dauer die Mauern zusammengehalten werden? Das wird das erste beim Wiederaufbau sein müssen, daß Gott wieder im Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft jene Stelle zuerkannt wird, die ihm als dem höchsten Herrn gebührt, und die man anderen, zweitrangigen Werten zuerkannt hatte, dem Staat, der Rasse, der Nation.

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