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„Amerikanische Kulturbarbarei bedroht unere Jugend”: Artikel aus Neues Deutschland (1950)

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Es kann daher auch niemanden verwundern, daß, diesem Anschauungsunterricht entsprechend, in Springfield (USA) zwei Jungen von elf und dreizehn Jahren, maskiert mit Taschentüchern und bewaffnet mit dem aus dem Schreibtisch des Vaters entwendeten Revolver, auf der Landstraße ein Auto anhielten und den Fahrer erschossen. Vor dem Jugendgericht erklärten die kindlichen Mörder, die Idee zu diesem Überfall sei ihnen beim Lesen von „crime-comics“ gekommen. Sie hatten jede Woche 30 dieser illustrierten Verbrechergeschichten gelesen.

In einem anderen Fall, ebenfalls in USA, erlitt ein Mädchen so schwere Brandwunden, daß ihm beide Beine abgenommen werden mußten: Ein Rudel halbwüchsiger Spielkameraden hatte sie als „Detektiv-Mädchen“ nach dem Muster eines dieser Gangsterhefte auf einen Scheiterhaufen gebunden.

Warum aber und wozu die beispiellose Verherrlichung von Gewalttätigkeiten und Verbrechen? Warum und wozu die „Erziehung zu perfekten Mördern?“ Das ist keine zufällige „Zeiterscheinung“, vom „Geschmack des Publikums“ her zu erklären, sondern eine bewußt und systematisch betriebene Erziehung zur Verrohung, zur Mißachtung des Menschenlebens, zur Abstumpfung gegen Unrecht und Willkür, eine systematische Erziehung zur Unmenschlichkeit, kurz die ideologische Vorbereitung auf neuen Kriegswahnsinn.

Weil der Widerstand gegen ein neues Völkermorden, dessen Furchtbarkeit alles bisher Dagewesene übertreffen würde, sich bei allen Völkern, auch im Lande der amerikanischen Kriegstreiber selbst, immer mehr verstärkt, wendet man die raffiniertesten Mittel zur ideologischen Kriegserziehung an. Neue „Heldengestalten“ werden überall, auf Schritt und Tritt in den Vordergrund gestellt: Menschen, die vor nichts zurückschrecken, abenteuernde Verbrecher, Gangster; Hinter ihren „Heldentaten“, ihren Gewalttätigkeiten und Verbrechen verbirgt die neue Kriegshetze der kosmopolitisch getarnten amerikanischen Kriegsinteressenten ihr blutiges Gesicht.

Wie aber kann und muß man dem Gift dieser Mördererziehung entgegenwirken?

Es gilt den Kampf gegen die amerikanische Kriegshetze und Kulturbarbarei auf allen Gebieten zu führen. Man muß bessere Bücher in die Hände der Jugendlichen bringen. Es ist eine der dringendsten Aufgaben, für den Lesedurst unserer Jugendlichen gute und spannende Bücher zu schaffen und die bereits vorhandenen ihnen wirklich zugänglich zu machen und nahezubringen.

In die Hand unserer Jugend gehören Bücher, die sie zur Achtung vor dem Leben und zur Menschlichkeit erziehen. Das ist keine neue Forderung, aber sie kann – gerade auch an die Adresse unserer Schriftsteller – nicht oft genug erhoben werden.



Quelle: Alice Stettiner, „Amerikanische Kulturbarbarei bedroht unsere Jugend“, Neues Deutschland, 4. April 1950. Mit freundlicher Genehmigung der Neues Deutschland Druckerei und Verlag GmbH Berlin.

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