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Befehlshaber der Reichsjuden – Josel von Rosheim (ca. 1480-1554)

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Im Jahr 5290 (1529/30) gab es einen großen und lautstarken Aufschrei von allen Völkern, dass die Juden in einem hochverräterischen Austausch mit den Türken stünden. Verleumdungen dieser Art kamen schließlich unseren Herrn, dem Kaiser und dem König, gepriesen seien sie, zu Ohren, worauf wir geächtet wurden und mehrere Territorien nicht mehr betreten durften (9). Mit Zustimmung der Judengemeinden entwarf und stellte ich ein Büchlein zusammen, das unsere Worte der Entschuldigung enthielt, und mit der Hilfe Gottes, gepriesen sei Er, legte ich es den beiden Monarchen in Innsbruck dar. Und Joseph fand Gnade vor ihren Augen, denn sie nahmen gerne unsere entschuldigenden Worte an und bestätigten all unsere früheren Privilegien.

Im selben Jahr, 5290 (1530), fand eine Versammlung aller Reichsfürsten und Adligen sowie unzähliger Damen statt, um vorbeugende Gesetze und Regeln festzulegen, und die Fürsten und Adligen beabsichtigen, den Zinswucher abzuschaffen. Damals blieb ich mit Gottes Hilfe fest und erlangte vom Kaiser eine Verlängerung unserer Privilegien von Kaiser Sigismund (10). Die Ankläger wurden zum Schweigen gebracht und eine kurze Weile herrschte Frieden im Lande.

Im Jahr 5291 (1530/31) waren die Ankläger erneut rührig, und sie hefteten sich an den Kaiser und bedrängten ihn in Brabant und Flandern—Lande, in denen überhaupt keine Juden wohnten. Ich trat hervor aus den vielen und unternahm die Reise zu Pferde in jene Lande, um mit Gottes Hilfe unsere Sache zu vertreten. Ich wurde vom 1. Adar bis zum 1. Siwan 5291 [18. Februar-17. Mai 1531] an den Kaiserhof gesandt, um für das Gemeinwohl zu wirken. Obwohl der Streiter Roth Royth mich lebendig verschlingen wollte—ich war der Schwelle des Todes sehr nahe—sandte jedoch Gott in Seiner großen Gnade Seinen Engel schützend vor mich hin und rettete mich aus dessen Händen und den Händen all jener, die mir einen Hinterhalt gelegt hatten. Damals hatte ich eine Audienz beim Kaiser in seinem Allerheiligsten und sprach mit ihm bezüglich meines Anliegens, und er gab mir die rechte Antwort. Mittlerweile verfasste ich, da ich Ruhe hatte und zurückgezogen in meiner Kammer war, das Werk mit dem Titel Der heilige Weg. Und beim Leben dieses Autoren, ich fand großes Vergnügen an jenen Tagen am Alleinsein und dachte in meinem Herzen, „Glücklich waren jene rechtschaffenen Männer der früheren Generationen, die Gedanken und Verstand darauf ausrichteten, sich von den Eitelkeiten dieser Welt zu distanzieren und sich mit den Fragen des Geistes zu beschäftigten.“

Im Jahr 5292 (1531/32) war ich erneut gezwungen, eine Audienz beim Kaiser, gepriesen sei er, zu haben, diesmal beim Regensburger Reichstag, um über Israel zu wachen. Und Gott war auch bei dieser Gelegenheit mit uns. Er beschützte uns vor den Anschuldigungen der Fürsten und Adligen bezüglich des Wuchers und gab uns ein Mittel zum Lebensunterhalt unter den Völkern. Zu jener Zeit kam der Mann aus Italien, der rechtschaffene Konvertit namens Rabbi Solomon Molcho, möge seine Seele in Eden ruhen, mit seinen fremdartigen Ideen, um den Kaiser zu erregen, indem er ihm erzählte, er sei gekommen, alle Juden zu versammeln, um Krieg gegen die Türken zu führen. Als ich von seinen Plänen hörte, schrieb ich ihm einen Brief mit der Warnung, den Kaiser nicht zu provozieren, damit wir nicht vom großen Feuer verzehrt würden. Ich verließ Regensburg, sodass der Kaiser nicht sagen sollte, ich hätte meine Hand im Spiel gehabt bei dessen seltsamen Plänen. Als er zum Kaiser kam, wurde er in Ketten gelegt und nach Bologna gebracht, wo er zur Heiligung von Gottes Namen und des Glaubens Israels auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Er reformierte viele Sünder. Seine Seele ist ganz in Eden aufgegangen.



(9) Dies bezieht sich vorwiegend auf das Herzogtum Württemberg.
(10) Dies bezieht sich auf einen Freibrief von 1433 für die jüdischen Einwohner der freien Reichsstädte im Elsass.

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