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Das Reich und dessen Reformation – Eine Denkschrift Lazarus von Schwendis an Kaiser Maximilian II. (15. Mai 1574)

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Und ob wol solche Toleranz beiden Religionen nicht die rechte Regel und der ordinary Weg in den Regiment ist, sondern eben das ist, dass der Stuhl zu Rom und sein Anhang zum höchsten widersicht und sonderlich fürgeben wirdt: es könne nichts Gute in die lenge daraus erfolgen noch kein ordenlich fridlich Regiment dabey bestehen, so hat es doch die Meinung gar nicht, würde auch dahin nicht gemeinet, dass es eben ewig bei solchem Mittel bestehen und bleiben müsse und solle, sondern es ist allein ein Nothweg und Aufenthalt gemeiner wesens und fridens in unserem Vaterland, da dardurch eussersten androhenden Unrath und Verderb zu wehren, bis Gott der Herr andere und bessere Gelegenheit und Mittel an die Handt schickt.

[Schwendi fordert eine Realpolitik, die den Notwendigkeiten Rechnung trägt. Mit der Zulassung der Toleranz bei der Religion, fährt er prophetisch fort, sei es so,]

dass sie die Noth und Zeit je lenger je reifer macht und erzwinget, und dass sie entweder mit ordentlichem Zuthun der Obrigkeit und gemeiner Autoritet auf gezimbte Weis und Mass soll und muss bey Zeiten geschehen, oder aber dass man zusehen und gewarten muss, dass sie mit mehr Ungehorsam, Zerrüttung und Entpörung innerlichen Kriegen selbst einreissen und durchdringen und das gemein wesen in ein Haufen stossen werde.

[Schwendi führt historische Beispiele dafür an, daß die Umstände immer wieder die Tolerierung anderer Religionen neben dem Christentum erzwungen hätten. Neben einem Reichstag erwähnt er auch ein Nationalkonzil als Instrument zur Neuordnung der religiösen Angelegenheiten.]

Und wie man pflegt zu sagen: kompt Tag, so kombt auch Rath, also werden die künftige Zeiten immerzu zeigen, wie den Sachen weiter Rath und Besserung möge geschaffen werden, da allein das gemein wesen aufrecht bleibt und die Obrigkeit getreue Sorg und Eyfer hat, dem gemeinen Obligen zu helfen; dann also ist nimmer an Gottes Gnade und Handbietung zu verzweifeln.

Bitt demnach E. Mt. unterthenigst, Sie wöllen alles so obgemelt, zu Gnaden und im Besten verstehen und aufnehmen, und es nit dafür achten, dass ich aus Vorwitz und Vermessenheit mich in diese grosse Sache einmische, sondern dass es allein aus unterthenigsten treuen Herzen und Eyfer, den ich zu E. Mt. als meiner natürlichen, höchsten und liebsten Obrigkeit und dem Vaterland habe und haben soll, und darumb beschieht, dass E. Mat. des jetzigen Wesen und Thuns rundt und öffentlich erinnert werde, und desto mehr Ursache habe, den Sachen weiter nachzudenken und zu helfen, und das Besser daraus zu kiesen und zu wehlen.

Und thue mich E. Mat. daneben unterthenigst bevelhen.

Datum den 15. Mai A. 1574.



Quelle: Eugen v. Frauenholz, Des Lazarus von Schwendi Denkschrift über die politische Lage des Deutschen Reiches von 1574, herausgegeben von Eugen v. Frauenholz, München: Beck, 1939. S. 5-38. (Münchener Historische Abhandlungen. Zweite Reihe: Kriegs- und Heeresgeschichte. H. 10); abgedruckt in Bernd Roeck, Hg., Gegenreformation und Dreissigjähriger Krieg 1555-1648. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 4. Stuttgart: P. Reclam, 1996, S. 58-73.

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