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Das Reich und dessen Reformation – Eine Denkschrift Lazarus von Schwendis an Kaiser Maximilian II. (15. Mai 1574)

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[Schwendi erklärt die Reformation durch den wachsenden »widerwill« der Deutschen gegenüber der Geistlichkeit, die den gemeinen Mann »ausgesogen« habe; »zwen Dritteil oder drei Viertheil aller ligenden Güter und gülden« seien an sie gekommen. Dann habe »Detzel’s leichtfertig und unverschambt Ablass Predigten und verkauffen« das Feuer entfacht.]

Und dieweil die Ding ohne Zweifel aus gerechtem Urtheil Gottes von oben herab also versehen, dass sie zu weiterer enderung sollten einbrechen und fortgesetzt werden, ist alsbaldt bei Kayser Carols Regierung ein anderen Unrath im weltlichen Regiment darzugeschlagen, nemblich die Einmischung der frembden Nationen in den Reichs Regierungen, daraus dann baldt hernach zwey grosse Uebel und Schäden der teutschen Nation erfolgt, nemlich zum Ersten dieweil die Teutschen wie obgemelt von Natur und erster Herkommenheit der Freyhait ergeben und keine frembde Nation sich niemahls haben wöllen regieren und beherrschen lassen, dass sie einen heimlich Grollen und Widerwillen gegen ihres Herrn Kaisers Carol Regierung gefast haben.

[Die These der Entfremdung der »Teutschen Nation« vom »spanischen« Kaisertum Karls V. wird weiter ausgeführt. Karl sei zwar ein »theurer teutscher Held« gewesen, jedoch von schlechten Beratern verführt worden. Insbesondere habe man ihn zu einer harten, kriegerischen Politik gegenüber den Lutherischen getrieben. Insgesamt habe sich kein Vertrauen zwischen dem Kaiser und den Deutschen entwickeln können – dem von Kurfürst Moritz von Sachsen angeführten ›Aufstand‹ der protestantischen Fürsten habe schließlich »jedermann im Reich« heimlich zugestimmt, die Passauer Vereinbarungen hätten allgemeinen Konsens gefunden.

In kritischer Lage habe Gott schließlich das »Hertz« Ferdinands erregt, der den Weg des Religionsfriedens beschritten und vieler anderer Beschwerden Rechnung getragen habe – er habe sich »lieber an die Reichsstände, dann an seinen eigenen Herrn und Bruder hengen wöllen«. Durch Ferdinands »aufrichtige und gleichmäßige« Regierung sei das Reich befriedet worden. Der Religionsfrieden erscheint als Element der Stabilität. Schwendi erinnert dann den Kaiser an den Beginn seiner eigenen Regierung. Man habe]

von Jugend auf ein guet teutsch aufrichtiges Hertz bei E. M. gespürt, das gemeiner Wohlfahrt und Frieden des Vaterlandes vor allen anderen zugethan und geneigt und in Religionssachen keiner erbitterten Parteilichkeit ist verdacht gewesen und [ . . . ] insonderheit gespürt, dass E. Kay. Mt. kein frembden Nationen viel Platz und Staat in Ihrem Hof und in Ihrer Regierung zu geben gemaint sey.

[Durch die Einführung des spanischen Regiments und den Krieg in den Niederlanden nehme indessen das Mißtrauen gegenüber der kaiserlichen Politik wieder zu – die Deutschen wollten ihre »alte Art und Eigenschaft« bewahren und keine »frembde Nation oder Regiment« gern dulden.]

Darzu denn auch bei den Evangelischen oder Lutherischen ein grosser Spornstreich ist, dass ihnen woll bewusst, dass diese Leute ihre Religionsverwandten und sie verhasster und erger achten denn Heyden, Juden und Türcen und dass sie bei ihnen selbst darfür halten, sie thun ein Gotteslohn, da sie dieselbigen zum greulichsten verfolgen, verderben und austilgen, wie dann solches der greuliche Process im Niederland genugsam zu erkennen gibt.

[Bei den »neuern Religionsverwandten« wüchsen die Befürchtungen vor kriegerischen Aktionen selbst durch den Kaiser. Anlaß zum Argwohn gebe die einseitige Bevorzugung von Katholiken, so die Bevorzugung von Katholiken bei der Vergabe von Ämtern, der spanische »Stil«, der in Wien gepflogen werde, und anderes mehr. So stehe zu befürchten, daß sie ihrerseits Gegenmaßnahmen träfen.]

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