GHDI logo

Der Augsburger Religionsfriede (25. September 1555)

Seite 3 von 3    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


§ 23. [Verbot der Zwangsbekehrung] Es soll auch kein Stand den anderen oder dessen Untertanen zu seiner Religion drängen, abwerben oder gegen seine Obrigkeit in Schutz nehmen oder in irgendeiner Weise verteidigen. Und es soll hiermit denjenigen, die von Alters her Schutz- und Schirmherrn unterstanden haben, hierdurch nichts genommen und dieselben nicht gemeint sein.

§ 24. [Abzugsrecht bei Bekenntniswechsel] Wo aber Unsere Untertanen oder die der Kurfürsten, Fürsten und Stände der alten Religion oder der Augsburgischen Konfession anhängen und wegen dieser ihrer Religion aus Unseren Landen, Fürstentümern, Städten oder Flecken oder aus denen der Kurfürsten, Fürsten und Stände des Heiligen Reichs mit ihren Weibern und Kindern an andere Orte ziehen und sich dort niederlassen wollen, soll ihnen ein solcher Ab- und Zuzug und auch der Verkauf ihres Hab und Gut gegen einen angemessenen Abtrag ihrer Leibeigenschaft und Nachsteuer, wie es an jedem Ort von Alters her üblich, überliefert und gehalten worden ist, ungehindert möglich und gestattet sein, allerdings ohne Entschädigung für ihre Ehren und Pflichten. Jedoch soll das Recht der Obrigkeit, sich von ihren Leibeigenen zu lösen, hierdurch unberührt bleiben.

§ 25. [Religionsausgleich] Nachdem ein Religionsausgleich auf angemessene Weise gesucht werden soll, dieser aber ohne einen beständigen Frieden wohl nicht zustande kommen kann, haben Wir, auch die Räte der Kurfürsten an deren Stelle, die erschienenen Fürsten, Stände und die Botschafter und Gesandten der Abwesenden, geistliche und weltliche, um das hochschädliche Mißtrauen im Reich zu beseitigen, diesen Frieden und diese löbliche Nation vor dem endgültigen, bevorhenden Untergang zu bewahren und um eher zu einem Christlichen, freundlichen und endgültigem Ausgleich der Religionsspaltung zu kommen, darin eingewilligt, einen solchen Frieden mit allen oben beschriebenen Artikeln bis zu einem Christlichen, freundlichen und endgültigem Ausgleich der Religionen und Glaubenssachen stetig, fest und unverbrüchlich zu halten und demselben ehrlich nachzukommen. Sollte ein solcher Religionsausgleich durch eine General- oder Nationalversammlung, Colloquien oder andere Reichshandlungen nicht erfolgen, so soll dieser Frieden dann nichtsdestoweniger in allen oben erwähnten Punkten und Artikeln bis zu einem endgültigen Ausgleich der Religionen und Glaubenssachen in Kraft und bestehen bleiben, und es soll hiermit in der oben erwähnten Form ein beständiger, unbedingter, ewig währender Friede errichtet und beschlossen sein.

§ 26. [Einbeziehung der Reichsritterschaft] Und von diesem Frieden soll die freie Ritterschaft, welche ohne Mittel der Kaiserlichen Majestät und Uns unterworfen ist, auch erfaßt sein, und zwar dergestalt, daß sie wegen der beiden oben erwähnten Religionen von niemandem genötigt, bedrängt oder belastet werden soll.

§ 27. [Regelung für die Reichsstädte] Nachdem aber in vielen Frei- und Reichsstädten beide Religionen, nämlich unsere alte Religion und die der Augsburgischen Konfession verwandte Religion, vertreten sind, soll es weiterhin dabei bleiben und in diesen Städten so gehalten werden; die Bürger der Frei- und Reichsstädte und andere Einwohner, geistlichen und weltlichen Standes, sollen friedlich und ruhig bei- und nebeneinander wohnen, und keine Seite soll die Religion der anderen, ihre Kirchengebräuche oder Zeremonien abschaffen oder die andere Seite davon abbringen, sondern jede Seite soll die Religion der anderen, ihren Glauben, ihre Kirchengebräuche, Ordnungen und Zeremonien, auch ihr Hab und Gut und alles andere, wie es hier oben von den Reichsständen beider Religionen niedergelegt worden ist, in Ruhe und Frieden lassen.



Quelle: Übersetzung aus dem Frühneuhochdeutschen von Ralph Glücksmann, http://www.smixx.de/ra/Augsburger_Religionsfriede_1555.pdf (letzter Zugriff 18. August 2011); Originaltext abgedruckt bei Karl Zeumer, Hg., Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung im Mittelalter und Neuzeit. 2. revidierte Aufl., Bd. 2, Tübingen: J.C.B. Mohr-Paul Siebeck, 1913, S. 341-47.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite