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Die Definition der Reformation – Der Reichstag zu Augsburg (1530)

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§ 10. Nachdem aber Uns, als Römischem Kayser, und oberstem Vogt der Christenheit, aus auffgelegtem Kayserlichem Amt gebührt, wie Wir Uns auch schuldig erkennen, den Heil. Christlichen Glauben, wie derselbig durch die heilige gemeine Christliche Kirch biß anher ehrlich und löblich gehalten und vollnzogen, zu handhaben, zu schützen, und zu beschirmen, auch Unser Kayserlich Edict, auf Unserm erst gehaltenen Reichs-Tag zu Wormbs ausgangen, zu vollnziehen: Haben Wir Uns mit andern Unsern und des Heiligen Reichs gehorsamen Churfürsten, Fürsten, und Ständen endlich entschlossen, auch für Uns und Unsere Unterthanen bewilligt und einander zugesagt und versprochen, bey dem alten wahren lange herbrachten Christlichen Glauben und Religion, auch desselben ehrlichen, löblichen Ceremonien und Gebräuchen, in gemeiner Kirchen biß anher geübt, festiglich zu bleiben und zu halten: Auch denen vor Entschiedung nächstkünfftigs General-Concilii, kein Enderung thun zu lassen.

§ 11. Und dieweil seithero Unsers zu Wormbs ausgangenen Edicts, auch darnach vielen auffgerichten Abschieden Unserer ausgeschriebenen und gehaltenen Reichs-Tägen zu Nürnberg und Speyer, allerhand Beschwerung und Neuerung, dem Christlichen Glauben und Religion zuwider, eingerissen.

§ 12. Sonderlich haben etliche gelehrt, geschrieben und gepredigt, daß in dem hochwürdigen Sacrament des Altars der Leib und Blut Christi unter beyden Gestalten Brods und Weins nicht wesentlich und gegenwärtiglich, sonder allein figürlich und bedeutlich sey: Mit andern mehr unchristlichen Umständen, Zulegungen und Anhängen.

§ 13. Etliche predigen und lehren, daß ein jeder Mensch aus dem Gebott Christi schuldig sey, das hochwürdig Sacrament des Altars unter beyden Gestalten zu empfahen. Und daß diejenigen, so es unter einer Gestalt reichen und empfahen, unrecht thun.

§ 14. Etliche haben das Amt der H. Meß gar abgethan, und gepredigt, daß die Messen die höchste Gottslästerung sey.

§ 15. Etliche haben die Messen nicht gar abgethan, aber darinn ein sondere Enderung, wider den langen Gebrauch, Ordnung und Satzung der gemeinen Christlichen Kirchen, von neuem ihres Gefallens auffgesetzt. Deßgleichen die gewöhnliche Gesäng der Messen, Tag-Zeiten, andere Lobgesäng von der Mutter Gottes, von den lieben Heiligen, von den Heil. Vätern, zu der Ehr Gottes, und Andacht der Menschen gemacht, und in der gemeinen Christl. Kirchen gemeinlich und gleichförmig geordnet, gesetzt und gehalten worden seyn, als ärgerlich und unchristlich abgethan, und doch an derselben statt andere Gesäng ihres Gefallens gemacht.

§ 16. Etliche haben gelehrt, daß der Kinder Tauff nichts sey, sonder ein jeglich Mensch, so er zu Verstandnüß kommen, soll wiederum getaufft werden, halten auch den Tauff für kein Sacrament. Dabey haben etliche die löbliche Christliche Ordnungen und Gebet, welche bey dem Tauff gehalten worden seyn, abgethan, und andere gemacht.

§ 17. Etliche brauchen gar kein Gebet, Ceremonien: Lassen auch ihre Kinder nicht durch die Priester, sondern durch einen jeglichen Layen, Manns- oder Weibs-Personen ausserhalb der Noth tauffen, darzu in einem schlechten Brunnenwasser.

§ 18. Etliche haben ihre Kinder nicht firmen, noch den sterbenden Menschen das Sacrament der Oelung reichen lassen.

§ 19. Etliche haben die Bildnussen unsers Seligmachers Christi, desgleichen seiner hochgelobten Mutter Mariä, und der lieben Heiligen, so eine lange Zeit her allem Christlichen Volck zu Erinnerung und Gedächtnuß Christlich gehalten worden seynd, zerschlagen, verbrennt, und damit unmenschlich gewütet.

§ 20. Etliche haben gehalten, daß kein freyer Will sey, sonder alles was beschehe, muß also, und nicht anders, aus unvermeidlicher Noth beschehen, und daß demnach GOtt ein würckliche Ursach sey des Bösen.

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