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Luther und Kaiser Karl V. auf dem Reichstag zu Worms (1521)

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B. Habsburgs Willensbekundung
Erklärung Kaiser Karls V.


Ihr wißt, daß ich von den allerchristlichsten Kaisern der edlen deutschen Nation abstamme, von den katholischen Königen Spaniens, von den Erzherzögen Österreichs, von den Herzögen Burgunds, die alle bis zum Tode treue Söhne der römischen Kirche waren. Sie waren immer Verteidiger des katholischen Glaubens, der heiligen Gottesdienste, der Dekrete, Weisungen und heiligen Sitten zu Gottes Ehre, zur Mehrung des Glaubens und zum Heil der Seelen. Nach ihrem Ableben sind uns durch natürliches Recht und Erbe die genannten heiligen katholischen Pflichten überkommen, um dafür nach ihrem Beispiel zu leben und zu sterben. Als wahre Nachahmer dieser unserer Vorfahren haben wir durch die Gnade Gottes bis jetzt gelebt. Deshalb bin ich entschlossen, alles das zu erhalten, was meine Vorfahren und ich selbst bis in die Gegenwart hinein erhalten haben, und zwar besonders das, was durch meine Vorfahren angeordnet worden ist auf dem Konstanzer Konzil und anderweitig; denn es ist sicher, daß ein einzelner Bruder in seiner Meinung irrt, die gegen die ganze Christenheit in ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte bis hin zur Gegenwart steht, der zufolge die ganze Christenheit sich ständig im Irrtum befunden hätte. Deshalb bin ich fest entschlossen, dafür meine Reiche und Herrschaften, meine Freunde, meinen Leib, mein Blut, mein Leben und meine Seele einzusetzen.

Denn es wäre eine große Schande für mich und Euch, die Ihr die edle und angesehene deutsche Nation verkörpert, wenn in unserer Zeit, in der wir durch Vorrecht und Vorrangstellung als Verteidiger und Beschützer des katholischen Glaubens bestellt sind, nicht [nur] Häresie, sondern bereits der Verdacht auf Häresie oder Minderung der christlichen Religion durch unser Versäumnis nach uns einkehre in die Herzen der Menschen, zu unserer und unser Nachfolger immerwährenden Unehre.

Und nachdem ich die halsstarrige Antwort, die Luther gestern in unser aller Beisein gegeben hat, vernommen habe, erkläre ich Euch, daß ich es bereue, so lange das Vorgehen gegen Luther und seine falsche Lehre aufgeschoben zu haben. Ich bin nicht gewillt, ihn noch weiter anzuhören, aber ich beabsichtige, ihn sogleich gemäß dem Wortlaut des Mandats zurückzuschicken, unter Einhaltung seines Geleits, ohne daß er predigen und das Volk von seiner schlechten Lehre unterrichten und irgendeine Bewegung hervorrufen darf. Wie ich oben gesagt habe, bin ich gewillt, gegen ihn als einen notorischen Häretiker einzuschreiten. Ich fordere Euch auf, Euch in dieser Sache als gute Christen zu erklären, wie Ihr es zu tun gehalten seid und mir es zugesagt habt. Ausgefertigt von meiner Hand am 19. April 1521.

Carolus.

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