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Carl von Clausewitz: Auszüge aus Vom Kriege (1832)

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So war also das kriegerische Element, von allen konventionellen Schranken befreit, mit seiner ganzen natürlichen Kraft losgebrochen. Die Ursache war die Teilnahme, welche den Völkern an dieser großen Staatsangelegenheit wurde; und diese Teilnahme entsprang teils aus den Verhältnissen, welche die französische Revolution in dem Innern der Länder herbeigeführt hatte, teils aus der Gefahr, womit alle Völker von dem französischen bedroht waren.

Ob es nun immer so bleiben wird, ob alle künftigen Kriege in Europa immer mit dem ganzen Gewicht der Staaten und folglich nur um große, den Völkern naheliegende Interessen geführt sein werden, oder ob nach und nach wieder eine Absonderung der Regierung von dem Volke eintreten wird, dürfte schwer zu entscheiden sein, und am wenigsten wollen wir uns eine solche Entscheidung anmaßen. Aber man wird uns recht geben, wenn wir sagen, daß Schranken, die gewissermaßen nur in der Bewußtlosigkeit dessen, was möglich sei, lagen, wenn sie einmal eingerissen sind, sich nicht leicht wieder aufbauen lassen, und daß, wenigstens jedesmal, sooft ein großes Interesse zur Sprache kommt, die gegenseitige Feindschaft sich auf die Art erledigen wird, wie es in unseren Tagen geschehen ist.

Wir schließen hier unseren geschichtlichen Überblick, den wir nicht angestellt haben, um für jede Zeit in der Geschwindigkeit ein paar Grundsätze der Kriegführung anzugeben, sondern nur um zu zeigen, wie jede Zeit ihre eigenen Kriege, ihre eigenen beschränkenden Bedingungen, ihre eigene Befangenheit hatte. Jede würde also auch ihre eigene Kriegstheorie behalten, selbst wenn man überall, früh und spät, aufgelegt gewesen wäre, sie nach philosophischen Grundsätzen zu bearbeiten. Die Begebenheiten jeder Zeit müssen also mit Rücksicht auf ihre Eigentümlichkeiten beurteilt werden, und nur der, welcher nicht sowohl durch ein ängstliches Studium aller kleinen Verhältnisse als durch einen treffenden Blick auf die großen sich in jede Zeit versetzt, ist imstande, die Feldherren derselben zu verstehen und zu würdigen.

Aber diese nach den eigentümlichen Verhältnissen der Staaten und der Kriegsmacht bedingte Kriegführung muß doch etwas noch Allgemeineres oder vielmehr etwas ganz Allgemeines in sich tragen, mit welchem vor allem die Theorie es zu tun haben wird.

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