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Verteidigung des Frauenklosters – Caritas Pirckheimer in Nürnberg (1524)

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8. Vier Frauen verlangen den Austritt ihrer Töchter (Kap. 33—34)

Bericht über die Ankunft der Frauen Ebner, Nützel, Tetzel und Fürer, um ihre Töchter aus dem Kloster zu holen – Die Äbtissin verweigert ihnen den Eintritt ins Kloster und teilt ihnen mit, daß die betreffenden Schwestern vorher mit ihren Vätern sprechen wollten – Die Äbtissin will den Frauen jedoch Gelegenheit geben, allein mit ihren Töchtern in der Kapelle zu reden, das lehnen die Frauen aber ab – Sie verleumden die Äbtissin nachher beim Rat – Im Auftrag des Rats kommen Sebald Pfinzing und Endres Imhof und stellen die Äbtissin zur Rede – Sie legt den wirklichen Sachverhalt dar, wodurch die Frauen als Lügnerinnen entlarvt werden

Am montag darnoch kom dy Jheronimus Ebnerin, Caspar Nuczlin, Fryderich Teczlin, Sigmundt Furerin auf einem wagen gefarn, wollten mit gewallt herein in das closter. Do ich in das abschlug und in das in keinem weg gestatten wolt, sagten sye, sy hetten dy erlaubtnus von irn herrn und von einem ganzen e[rbern] rot, das sye herein wollten gen als offt sye gelust und gelangt.

Sagt ich: Es wer mir ein anders befolhen von einem e[rbern] rot, dy mir zu hetten gesagt, sye wollten keyn offens closter haben.

Sagten sye: Wen sye schon hereingingen, es wer darumb keyn offen closter.

Sprach ich: Wen ir hereynget, so wollen ander leut auch hereingen, dy kinder ynnen haben, damit wurd das closter geoffent, das will ich mit der hielf des lebentigen gotes nit leyden, dyweyll es mir zugehort.

Do sy sahen, daz ich sye ye nit herein wollt loßen, do wollten sye doch mit gewalt, daz ich in (1) ire kinder in dy kirchen hynauß lyeß gen, das sy frey mit in mochten reden von gocz wort und der sel hayl. Das wollt ich auch nit gestatten.

Sagt ich: Ich het dy kind mit der herrn willen hereingenummen, ich wollt sy on irn willen nit hynauß loßen gen.

Sagten sye: Sy hetten befelh und gewallts genung, wollten wir nit, so musten wir; ich sollt ins (2) neurt (3) kurz sagen, ob ich in (4) ire kinder wider des rots gepot wollt vorhallten, so wollten sye einen gewallt pringen, das ich must sehen, das es ernst wer.

Sprach ich: Dy kind hetten begert irer vetter, das sye vor (5) ir meynung hortten. Wurden sy zornig, sagten, was es ir vetter anging, sye hetten dy kinder getragen und wern in (6) sawr worden, sy westen woll, was sye thetten und weß sy befelh hetten. Item sye frogten, wo dy gesichtfenster wern, dy uns ein e[rber] rot gepotten het zu machen; sye sehen woll, daz wir in allen dingen einem rot widerspenig wern. Sprach ich: Nun wer es nit muglich gewest, daz wirs in der kurzen zeit hetten kunen loßen machen, wir hetten 4 wochen fryst, in den wollt ich eins loßen machen. Sprach die Ebnerin: Sye must eins allein fur sich haben, ee sye ir dochter genungsam im goczwort unterrichtet.

Nach langem gezenck erpot ich mich, ich wollt sye allein mit irn dochtern loßen reden an dem redfenster oder in der capeln an dem fensterlein, do man uns das h[och] w[irdig] sacrament geb oder wo sye sunst wollten. Das wollten sye gar nit thun; sye wern nit sicher in der cappeln, das man in (7) nit zuhoret und zurneten auf das allerhochst, wollten dy kinder nit zu in (8) loßen kumen, sagten mit vill trowortten, sy wollten auf dißmal hynscheyden und wollten gewallts genung pringen, das ichs must innen werden.

Am eritag (9) verclagten sy mich hefftiglich vor einem ganczen rot durch Nyclos Haller, der was ir advocat, wye ich so spyczig, stolz und heftig mit in (10) gehandelt het, wye ich in ire kind mit gewallt wider eins e[rbern] rots befelh vorgehallten het, wy ich sye weder wenig noch vill mit irn kinden het wollen loßen reden, wye ich sye het lyegen (11) heyßen; das kom auß dem, sy verhuben mir, ich lyeß sunst ander frawen in das closter und nennten mir etlich, dy worlich keyn tryt in das closter nye herein sind kumen; sagten, sy wollten mir leut unter dy augen stellen, dy mit irn augen hetten gesehen, das ich dy und dy herein het geloßen. Do ich das mit worheit laugnet, sprach dy Ebnerin, sy west woll, das sye mir alwegen must lyegen (12), ich het irs vor (13) mer gethun. Sprach ich: Ich heyß euch nit lyegen (14), das ist aber ye nit wor. Diß und andere meine wort hetten sye mir hefftig verkert und vill andere poße ding uber mich geclagt.

An demselben tag nach disch schickt man mir 2 rotherrn, Sebolt Pfinczing und Endres Imhof, dy sagten mir das capitel (15), wy mich dy frawen verclagt hetten und wye ein e[rber] so hart uber mich erzurnt wer, das ich ir gepot veracht het und in die kind freffelich vorgehallten het irn eltern, den sy noch dem gotlichen gepot schuldig wern gehorsam zu sein; was auch sunst ein e[rber] rot geordent het, dem wer ich widerspenig, das vertruß dy herrn nit unpillich und wurd mir und dem convent nichs guts darauß erwachßen; ich het dy frawen mit irn kinden nit wollen loßen reden wider alle pilligkeit, darumb wer eins rots entliche (16) meynung und befelh, so dy leut ire kindt nit lenger pey uns wollten wissen, so sollt wir wissen, das dy mutter ire kind des andern tags wollten holn, so sollt ich in (17) dy frey on alles widerreden geben. Das und kein anders, das wollt ein e[rber] rot gehabt haben, es wer halt den kinden lieb oder layd.

Sagt ich in (18), dy sach het sich nit also verloffen, wie einem e[rbern] rot angesagt wer worden; ich het dy frawen zum dickern mal (19) angemut (20), das sye doch mit den kinden selbs redten an dem redfenster oder an dem gesichtfenster in der capeln, des hetten sye nit wollen thun, sunder neurt (21) mit gewallt wollen in das closter gen oder das dy kind hynauß in dy kirchen gen sollten; wer woll wor, ich het mich desselben hynauß- und eingens gewerdt nit auß freffel, sunder auß irm befelh, dann sye ped (22) herrn wern selbs personlich darpey gewest, das uns h[err] Sigmundt Furer zugesagt het an eins [rots] stat, keyn offen closter zu machen, so man denn also auß- und eingen wollt, so wer ye das closter geoffent und wurd pald ein großer einpruch; was man einem thet, wollt daz ander auch haben; hoffet ye, man wurd mir laysten, was mir von eines rots wegen verheyßen wer, auf das wollt ich mich verloßen und mit der hyelf des lebendigen gottes keyn offen closter loßen machen dyweill ich lebet.

Hub doch an und saget in (23) nach worheit, wye alle ding mit den frawen ergangen wern. Hetten sye ein groß wundern daran, sagten es wer einem e[rbern] rot gar vil hefftiger und anders angesagt worden und ich wer worlich hart in keßel gehawt worden, ich sollt neurt (24) gedencken und solt in dy kind nit weytter mit gewallt vorhallten, wenn sys hollten, wir wurden worlich keyn rw haben, dyweyll sye hynen wern; es wurd villeicht dy sach darnoch peßer und wurden wir des teglichen uberlaufs und unrw etwas entladen wern.

Saget ich in (25), wy dy kinder so herzlich begerten, das man in (26) ir 2 vetter heraußhyeß, ee dy mutter widerkomen, das sye doch ir notturft (27) mit in (28) mochten reden. Sprachen sye, es wurd eygentlich nit geschehen, wen sye nun in ir vetter hewßer kömen, wurden sye dennoch zeit genung haben mit irn vettern zu reden.

Pat ich sye zuleczt, das sy einem e[rbern] rot meyn antwurt wider sagten und mich in der unpilligen anclag mit worheit entschuldigten. Das hetten sy getrewlich gethun, do het man den Nicklas Haller gefragt, warumb er einem e[rbern] rot so un geleiche ding fur het pracht; het er gesagt, er het nichs furpracht, denn was im dy weyber hetten gesagt, er het darfur gehabt, sye sagten wor. Also bestunden sye wy dy rincklerin (29).



1) ihnen
2) ihnen es
3) nur
4) wie 1
5) vorher
6) wie 1
7) wie 1
8) sich
9) Dienstag
10) wie 1
11) fügen
12) wie 11
13) wie 5
14) wie 11
15) Strafpredigt
16) endgültige
17) wie 1
18) wie 1
19) öfters
20) aufgefordert
21) wie 3
22) beide
23) wie 1
24) wie 3
25) wie 1
26) wie 1
27) das Nötige
28) wie 1
29) Lügnerinnen; rinken = ranken, verdrehen, Umstände, Ausflüchte machen, vergl. Schwäb. Wörterbuch Bd. 5, Sp. 131

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