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Verteidigung des Frauenklosters – Caritas Pirckheimer in Nürnberg (1524)

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Kapitel 32

Nach dem Weggang der Gesandten hält die Äbtissin mit dem Convent eine Beratung ab und hört jede Schwester einzeln zu den fünf Punkten – Bezüglich der Gelübde sind alle Schwestern einmütig dafür, unter allen Umständen ihren Gelübden treu zu bleiben und der Äbtissin auch weiterhin Gehorsam zu leisten – Um Schlimmeres zu verhüten, solle ein Gesichtsfenster angelegt werden, doch wollen die Schwestern nicht allein mit ihren Angehörigen sprechen, damit ihnen nicht Reden nachgesagt würden, die sie nicht geführt haben – Wegen der Kleider erkundigten sich die Schwestern bei ihnen gut gesinnten Personen, diese berichteten ihnen die Begebenheit mit den Schwestern in Pillenreuth, für die sich Christoph Kreß, Vertreter Nürnbergs beim Schwäbischen Bund, eingesetzt hatte, daß sie ihre Ordenskleidung behalten durften, man wolle daher mit dem Ändern und Färben der Kutten noch warten.

Do sy nun auß dem closter komen, fodert ich den c[onvent] zu capitel (1), het ir aller rot, wy wir uns in dißem schwern punckten hallten solten, auf dem dy zerstorung unsers closters und aller geistligkeit stund; begeret von einer itlichen in sunderheit zu wissen, wes ich mich gegen in (2) versehen sollt, ob sye dy regel wollten annemen, dy in dy herrn geben hetten.

Also stymenten sye alle einhelliglich, eyn itliche in sunderheit, keine außgenumen, daz sy mit der hielf gottes hallten wollten dy regel, dy sye got gelobt heten und gar nit dy regel, dy in der rot geben het und erpotten sych gar demutiglich und williglich: sy begertten nit frey zu sein, sye wollten mir gern gehorsam sein und thun, was mir lieb wer, daz ich neurt pey in belieb und sye in den engsten und notten nit lyeß. Also gelobt ich in auch widerumb trew zu laysten, pey in zu beleiben und leib und leben pey in zu loßen piß in den todt, so lang sye stanthafftig belieben in dem worn cristlichen gelauben und in dem geistlichen standt, wenn sye aber lutterisch wollten werden oder trewpruchlich an irm gesponßen (3) oder eyn offen closter wollten machen, so wollt ich nit ein tag pey in beleiben.

Also trosten wir trewlich an eynander zu peden (4) seytten mit vill leyßen zechern (5) und vereinten uns auf ein news miteinander in aller swesterlicher lieb trew aneinander zu laysten piß in den todt. Wir protestyrten auch do conventlich vor dem lebendigen got, daz wir mit willen nichs wollten aufnemen, daz wider got und unßer h[eilig] regel wer; wurden wir aber zu etwas gezwungen wider unßern willen, begerten wir daz unßer herr anseh, daz wir gewallt musten leiden, des wir uns nit kunden erwern. Verpundten uns auch miteinander, wenn wir geleich izunt etwas musten annemen, daz wider dy regel wer, so wollten wir daz doch nit lenger geprauchen, denn so lang wir musten und sopald diß weßen peßer wurd, wollt wir von stund an des wider absten.

Item des gesichtfensters halb stymeten dy swester, wywoll sye es gancz nit begerten, doch so es nit anders mocht seyn und dy regel daz gesicht auch nit gar abschlug, ein pößers zu vermeyden, sollt ich eyn einigs (6) redfenster zu einem gesichtfenster machen loßen und daz prauchen, so vill es muglich wer nach der regel. Es meldent vil swester des alleyn redens halben sy begerten desselben gar nit, sy hetten nichs mit irn freunten (7) zu reden, des sy sich vor den hererin (8) scheuchten, es wer ferlich (9) mit welltlichen leutten alleyn zu reden, denn man mocht von in sagen, sye hetten geredt, des sye in nye gedacht hetten, so man uns doch on das all unßere wort und werck verkert.

Aber der clayder halb was es in gancz schwer, begerten man sollt etlich gut freunt rots frogen, wye wir uns des und anderer ding kundten erwern. Das thet ich, fraget etlich, dy der sach verstendig warn und uns guts guntten. Dy sagten, all gedencken wern daran verlorn, das wir den leutten mochten widersten, wir musten in etwas nachgeben, wollten wir anders nit, daz das closter zu trumern gyng, dann alle ding thetten diß leut mit großem gewallt, man seh nit an weder gerechtigkeit noch pilligkeit, man furchet [!] weder pabst noch keyßer, ya auch got selbs nit, denn alleyn mit wortten; es gelt iczunt nit anders, denn das man sprech, daz wöll wir also gehabt haben, daz muß also sein, daz und keyn anders, denn sye loßen sich horn, sy sind stercker den der bapst selber. Aber sye sagten, das wer wor, daz das gesichtfenster fur ein mytel wer furgeschlagen den eingang in daz closter zu vermeyden, wann es wer vor etlichen wochen genczlich in einem rot beschloßen worden, daz ein itlicher zu seiner freuntyn (10) in dy frawencloster het mugen gen, so offt es in gelust und gelangt het. Es sollten auch dy swester herauß zu irn freunten gen, wen sye kranck wern, wen auch etwan dy freunt ein guts mütlein (11) wollten haben, so mochten sye dy swester laden, sollt dy abbt[issin] keyner daz abschlagen, sunder der geladen ein gespyln (12) zugeben, dy mit ir außen sollt essen und sye darnoch wider heym belaytet (13). Dißen eingang (14) het man zu sant Katerina schun angefangen, was eyn groß ein- und außlauffen, frw (15) und spet, also daz auch der lutterisch prediger zum spital, der Thomas, mit andern gutten geselln seine clayder verendert het und in daz closter kumen was und mit den jungen swestern ungeistlich geschympft und etlich angemut, sy sollten im dy ee verheyssen. Alß er nun wider herauß was kumen, het er vill unzuchtiger und unwarhafftiger ding von den armen swestern gesagt, der sye in nye gedacht hetten. Do hetten sy dem rot uber in geclagt, daz hetten etlich herrn, dy auf unßer seytten sind, nemlich herr Merthen Geuder, herr Jheronimus Holczschucher und herr Jacob Muffel groß zu herzen genumen und getrewlich gearbeyt, daz dy eingeng in dy frawencloster abgetriben wurden; hetten unter andern dingen in dem rot gesprochen: Lieben herrn, was wollt ir euch zeichen (16), daz ir euch selber dy große schandt wollt anthun, ir habt ewr pludt und flaysch, ewr kinder und dochter, ewr swester, mumen und paßen vill in den clostern; soll denn einem itlichen puben gegunt werden, do auß und einzugen; kundt ir selbs ermeßen, was darauß entspringen mocht, es wirt on sundt und schandt und ergerung nit ergen; es wern mer offener gemeyner hewßer denn closter wern. Dyselben herrn hetten das gesichtfenster furgeschlagen, dann sye achten, es wer uns mynder beschwerlich, das wir dazselb eyn zeit lang annemen, denn daz wir den einganck musten leyden.

Darumb ryetten uns dy gutten freunt, wir sollten den herrn willfarn, daz wir ein gesichtfenster lyeßen machen, so man doch dasselb woll mit zucht und eren und gutter bescheydenheit mocht prauchen, aber mit der claydung sollt wir uns der weyll nemen, dann man versech sich, es wurd eyn mittel in dazselb kumen und was daz dy sach: Dy frawen zu Bildenreut (17) hetten sich gar hoch beschwert irs ordens clayd hynzulegen, het ir schafferin Magdalena Kerssin irn pruder herrn Cristoff Kressen, der dozumall eyn pundtsherr (18) was, gepetten, er sollt ir beholfen sein, das sy ir kutlein mochten anbehallten, der het zu den rotherrn gesprochen: Ich hab mein swester geheyßen, hab sye nit genung an einer kutten, das sy 3 ubereinander anleg, ich will sehen, wer irs wern woll oder ir dy abzichen. Do meynent man, wen sys behyellten, so wurd wir der sach auch genyßen, wenn wir anders all eintrechtiglich auf einer meynung verharenten.

Darnach am samstag der h[eiligen] tryfalltigkeit obent, do entpot herr Jheronimus Ebner und unßer pfleger herr Caspar Nuczel irn tochtern pey uns, Katerina Ebnerin und Clara Nuczlin, nochdem ein e[rber] rot uns gepotten het unßere clayder zu verendern, torfften sy sich nit anders clayden, dann sye wollten sy auf dy kunftig wochen holn loßen und sye selber clayden. O, do hub sich angst und not und herczenlayd umb dy armen kind; man kan nit gelauben, was sy von derselben stund an fur ein elende zeit haben gehabt, wywoll sye dennoch imer hoffenten, sye wollten sich erretten.



1) Beratung
2) sie
3) Bräutigam = Christus
4) beiden
5) Zähren
6) einziges
7) Verwandten
8) Mithörerinnen, Aufpasserinnen
9) gefährlich
10) wie 7
11) Feier, Lustbarkeit
12) Gefährtin
13) begleitet
14) Einführung
15) früh
16) zeihen, dessen bezichtigen
17) Pillenreuth
18) Herr des schwäbischen Bundes

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