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Protestanten und Radikale – Die Debatte zwischen Martin Bucer und hessischen Täufern (1538)

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B.: Man sol ansehen, wie Christus, die aposteln und propheten gehandelt, haben anfengklich gnugen gehabt an der bekantnus, in der liebe gewartet uf die werk; seind die nicht gefolgt, so haben sie nach der ordenung gottes mit inen gehandelt. Item das Petrus die erste predig getan, hab er, die sich eusserlich bekent, in die kirch genomen. Darumb so sie von uns den brauch und die lere annemen wollen, das seind sie schuldig. Er musse auch das bedenken, das die kirch vil gelieder hab, aber die prediger sollen irem ampt vleissig warten, heilen, was verwundt ist, sterken, was schwach ist. Das nu etwan darunder bose bock seind, das muss man den guten scheflin nicht zurechnen. Er sage, man solle den baum nicht abhauen etc. Sagt B.: unser g. h. ist gemeint, das sein volk nicht verstoret und sie taufer nicht ubereilt werden. So er aber sihet, das das wort veracht wirdet und zuvoran durch sie, die taufer, ist er schuldig, dem zu begegnen, und das bei inen das best getan wurde, ob sie sich bessern wollen. Er muss ime die kirch lieber sein lassen dan sein vater, bruder und mutter, Mosi im 5. buch ca. 13 [v. 7].

L.: Als er von der straf anzeigt, das man inen und seine bruder dargestelt hab als vor schuldigk, da sagt er nein zu, dan er hab vleiss getan, das der tempel gottes gebaut wurde, und er wolle es mit seinen brudern beweisen. Dweil sie nu gesehen, das die unsern mit falscher lere und sunden behaftet seind, so haben sie uns zum besten sich von uns gekeret. Wo wir nu das also erkennen, wollen sie sich in der guete an uns auch als gehorsame kinder gottes tun. Man hoff auch, das man kein ursach an inen hab, sie als ubelteter zu strafen. Was sie ubels sehen am nehsten, wollen sie strafen und niemants ansehen inhalt des evangelii [Matth. 10, v. 32]: Wer mich hie bekent etc. Item die schrift seie allenthalb uf irer seiten. Dan Paulus sprech [2. Kor. 6, v. 17]: Man solle usgehen von dem bösen. So sie nu mit uns sollen das unrecht vor recht bekennen, das wolle er nit tun und ehe darfur leiden, was er solle. Item, man konne dem tisch des herren und des teufels nicht zugleich anhangen. Und wir werden uns umbsehen, wie wir stehen, damit wir nit stehen, da wir nit stehen sollen. Wir sollen verlassen das ungotliche und folgen dem gotlichen. Hetten sie das an uns gespurt, so wolten sie bei uns blieben sein. Nu sol man sie des absonderns nit verdenken, hoffen auch der furst und die umbstender sollen bedenken, das sie als die wolteter und nit als die ubelteter gelitten haben mit gedult, das wir mugen sehen, was sie im herzen haben.

B.: Bit, man wolle des wol warnemen, das er anzihe, man musse vom bösen ablassen, man konne nicht dem tisch Christi und des teufels dienen. Nu furen unsere fursteher kein andere dan diese. Die schrift ist wider die taufer, dan sie seind behaft in dem wergk, das sanct Paulus sagt zun Galatern [1, v. 8]: heresis. Die christliche lere, die wir vor dem keiser bekent, wissen wir in gotlichem wort gegrundet; und alle kinder gottes schuldig sein, mit uns in solcher lere gemeinschaft zu haben, unangesehen ob gleich etliche erfunden werden, die ubel leben. Und so lang die lere gefurt und die sacrament geubt werden, seind alle mentschen schuldigk, bei uns zu bleiben. Nu haben sie dieselbig lere nicht allein gemitten, sonder auch geschmehet (verhoff aber doch us unverstandt) und damit vil leute gesturzt in ewigs verterben. So sie nu einen glauben hetten, die berge zu versetzen und ire leib hingeben zu brennen, wie Paulus 1. Corinth. 13 [v. 2 ff] meldet, und aber die liebe nit haben und uns vom reich Christi verwerfen, seind sie usser Christo und in dem aller schweresten argen. Galat. 6 hab man die werke des fleischs, nit alleine die groberen usseren, sonder auch die geistlichen und inneren rotten und secten. Hetten sie nu alle laster, allen bracht der welt geflohen und sich aber bei die leut getan, jder seinen nachper und nehsten underricht und freundlich gebessert und mit den rechten glaubigen, dweil die heilige gemeinschaft an der lere, sacramenten, beten und almusen geben, so hetten sie der lere Christi und der aposteln recht nachkomen. Nu aber, so sie umb der bosen willen auch die guten gemitten und den heiligen dienst in seiner kirchen geflohen, gelestert und, so vil an inen, dernider gelegt, haben sie anders nichts getan, dan vil selen innerlich verterbt, das wort Christi veracht und damit bei gemeinen bofel ein verrucht gotlos leben ingefurt. Was konnen sie ergerlichers und schedlichers wider die christlich kirch furgenomen haben? Unser confession mag niemants dargeben als ungerecht oder gotteslesterung. Nu deren [confession] noch leren wir und halten die heiligen ceremonien, noch so beschuldigen uns diese leut, als ob in unser kirchen aller grewel des widerchrists regiret in aller lere und kirchenubungen. Darneben bekennen wir auch, das leider alzu wenig rechter christen seind; das clagt auch Paulus gemeinlich in allen seinen episteln uber seine kirchen. Ist einer mit einem laster ubereilet, so sollen inen die, so geistlich seind, mit dem geist der sanftmut erbauen und einer des andern last tragen [Gal. 6, v. 2]. Wen ich nu das mein getan hab, so bin ich gegen got entschuldigt und wirdet villeicht got sein gnade geben. Und wir gestehen euch derhalber nicht, das ir als die unschuldigen gelitten habt, sonder als die, die grosten schult und böseste taten getan haben. Wil also beschlossen haben. Sie sagen, haben bei uns die werk des geistes nicht funden, darum haben sie sich von uns pillich getan. Das gestehen wir nit.

L.: Begert man wolle ime das bekantnus, so keys. Mt. ubergeben ist, zustellen, damit sie sich einen tagk oder zwen daruf zu bedenken haben.

B.: Das sol gescheen.

Peter Lose sagt: Nach dem mein g. f. und h. inen und allen iren brudern, so zu Wolckstorff mit inen gefangen gelegen, geschrieben hab, so dan seine bruder bei der hand weren, wolten sie sich mit inen besprechen und alsdan antwort geben.

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Quelle: Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte, Band 4: Wiedertäuferakten 1527-1626, herausgegeben von Günther Franz. Marburg, 1951, S. 213-34.

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