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Protestanten und Radikale – Die Debatte zwischen Martin Bucer und hessischen Täufern (1538)

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Jorg: Ich geb antwort vom wucher. Nachdem diese kirch besser sein solt dan die babstische, so hab ich gezeugnus in meinem herzen, das ich mich abgesondert hab Dan der wucher seie itzo in der kirchen doppel.

B.: Ich hab vom ban gesagt. Daruf wollen wir erstlich mit euch reden und folgents vom wucher. Ir habt nicht ursach euch abzusondern, dan ir sollet nicht strenger sein dan Christus, welcher bevolhen, die allein abzusondern, die die kirch nach gnungsamer vermanung und uberzeugung nicht horen wollen, und hat den locum hievon Matthei 18 weiter nach der lenge gnungsam erclert.

J.: Er hab antwort geben auf den ban und mit seinem pharrer gehandelt, wie Matthei 18 geschrieben stehe. Und das die predicanten den offentlichen sondern* das sacrament entzogen haben, das seie meher ein abschrecken dan ein besserung.

B.: Jorg hab noch vermuge der wort Matthei 18 mit dem pharrer nicht gehandelt, dan er hab es der gemein und der kirchen nicht angezeigt. So haben auch die glaubigen mit ime nicht gestimpt in verdamung des pharrers. Die kirch musse verbannen. Wan ein burgermeister sein ampt nicht braucht und inen die gemein leidet, so hat inen ein sonder** burger nit zu entsetzen, Also mag auch ein einzeliger burger im reich Christi keinen bannen. Er Jorg hab durch sein absondern die gemein geergert und das wort gottes geunehret.

J.: Hab nach seinem verstand solchs pillich getan. Dan er hab dem pharrer allein angezeigt, das er von den dingen abstehen solt, die unrecht weren. Dweil er dan dem nicht abgestanden, so hab er sich pillich abgesondert.

B.: Begert schrift anzuzeigen, ob der pharrer den sunder nicht bannet, ob dan ein sondere person sich absondern muge.

J.: Er hab sich von der gemein oder dem volgk nit gesondert, sonder allein den pharrer sampt seiner lehre vermitten.

B.: Sagt, er hab die gemein gemitten, dweil er ire predig gemitten, dan da sol man das wort horen, sacrament emphaen, beten und almusen geben. So wir nu dergestalt verbrudert seind, sollen wir uns us der gemeinschaft nicht sondern, als der sacramenten, gebets und almusen geben. Und mussen darin nicht ansehen die person des pharrers nach dem evangelio [Matth. 23, v. 2]: Sie sitzen uf dem stul Mosi etc. Also hab einer allein einen burgermeister oder pharrer nicht zu entsetzen ader umb dero willen, wo sie in iren emptern seumig, sich von burgerlicher und christlicher gemeinschaft mit den andern burgern und christen abzusondern. Die Judam gehort, haben das wort gottes gehort. Begert noch ursachen und schriften seins absonderns; dan er hab nicht den pharrer, sonder den phardienst gemitten.

J.: Repetirt den spruch Matthei 18, und seie die gemein dessmals nicht also creftig gewesen. So hab er es burgermeister und rate angezeigt, und wolle es her Butzer nicht vor gnungsam annemen, so wolle er es ime also stehen lassen. Er seie es aber gewiss in seinem herzen.

B.: Der [herr] hat die schlussel der kirchen geben und nit einer sondern personen.

J.: Sagt, die gemein hab sich selbst zu solchem ban untuchtig erkant.

B.: Er hab doch mit der gemein ordentlich nit gehandelt, und [ob] die schon in iren furstehern seumig gewesen, so hab dannocht weder er noch kein sondere personen jmant zu verbannen und furnemlich nit den gemeinen dienst der kirchen. Das usschliessen seie zu zweien dingen gut, das die guten von den bosen nicht beschmitzt werden, und das dieselben abgesonderten schamrot werden. Bit nochmals wie vor. Dweil die kirch den pharrer noch nicht gebannet hab, das Jorg schrift anzeigen wolle, us deren grund er pharrer, phardienst und ganze gemein vermitten hab vor dem ordentlichen verbannen der kirchen.

J.: Sagt noch: Er hab inen nach ordenung gestraft (auch hie in der canzlei sein mangel angezeigt, so hab er doch nicht davon gelassen). Item und acht bei ime, er hab es pillich getan, das er sich abgesondert hab.

B.: Bei den Corinthern hab die kirch bei dem nachtmal ungeschickt gehandelt, item mit prophetisiren der zungen und vil anderm meher, darumb seie aber durch den aposteln die kirch nit verbannet, und hab Jorg kein gottes wort, wen er gleich den pharrer gestraft, das er sich sol absonderen.

J.: Sagt: Nachdem Paulus den Corinthern iren gebrechen angezeigt, hab sie*** sich darinne gebessert und jhenen usgeschlossen.

B.: Sie haben wol den angezeigten verbannet, aber sich in vielen andern ubel gebessert, wie Paulus das beclagt in der andern epistel zu den Corinthern [12, v. 20]: Ich forcht so ich zu euch kom etc. Aber wie dem [sei], so bring Jorg alles**** noch kein wort gottes, das ime die sonderung geburt hett, obgleich noch die kirch an dem banne seumig gewesen were.

J.: Repetirt sein vorig argument, das sie es unrecht erkant und inen hieher in die canzlei gewiesen haben. Dweil sie nu alle lessig darinne gewesen, so hoff er, hab pillich daran getan und schleust damit.

B.: Schlust daruf, das er seiner absonderung kein schrift bracht hab; dan die alleine zu vermeiden seind, welche die kirche nicht horen.



* Sündern.
** Einzelner.
*** Die Gemeinde.
**** immer.

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