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Vom Reformer zum Revolutionär – Thomas Müntzer, Die Fürstenpredigt (13. Juli 1524)

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Wollt ihr nun rechte Regenten sein, so müßt ihr das Regiment bei der Wurzel anpacken und wie es Christus befohlen hat. Treibt seine Feinde von den Auserwählten, denn ihr seid die zuständigen Mittler. Meine Lieben, gebt uns keine schale Fratze vor, daß die Kraft Gottes es ohne euer Zutun mit dem Schwert tun soll, es könnte euch sonst in der Scheide verrosten. Gott geb es! Es sage euch jeder beliebige Gelehrte, was er will: Christus sagt es deutlich genug im 7. Kapitel Matthäi und im 15. Kapitel des Johannes-Evangeliums. »Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte trägt, soll ausgerodet und ins Feuer geworfen werden.«

Wenn ihr nun die Larve der Welt wegtut, so werdet ihr sie bald mit rechtem Urteil erkennen (Joh. 7). Fällt ein rechtes Urteil, aus Gottes Befehl heraus! Ihr habt Hilfe genug dazu (Sap. 6), denn Christus ist euer Meister (Matth. 23). Darum lasset die Übeltäter nicht länger leben, die uns von Gott abwenden (Deutr. 13), denn ein gottloser Mensch hat kein Recht zu leben, wenn er die Frommen hindert. Exodus 22 sagt Gott: »Du sollst die Übeltäter nicht leben lassen.« Das meint auch Sankt Paulus, wenn er vom Schwert der Regenten sagt, daß es zur Rache an den Bösen und zum Schutz der Frommen verliehen sei (Römer 13).

Gott ist eure Beschirmung und wird euch lehren, wider seine Feinde zu streiten (Psalm 17). Er wird eure Hände geläufig machen zum Streite und wird euch auch erhalten. Aber ihr werdet deshalb ein großes Kreuz und Anfechtung erleiden müssen, auf daß euch die Furcht Gottes erklärt werde. Das kann ohne Leiden nicht geschehen, aber es kostet euch nichts mehr als das Wagnis der Gefahr ums Gottes willen und das unnütze Geplauder der Widersacher. Denn wenn schon der fromme David vom Absalom von seinem Schloß vertrieben wurde, so kam er doch endlich wieder dorthin zurück, als Absalom erhängt und erstochen wurde.

Darum, ihr teuren Väter von Sachsen, ihr müßt es wagen um des Evangeliums willen; Gott wird euch freundlich stäupen als seine allerliebsten Söhne (Deutr. 1), wenn er in seinem alsbaldigen Zorn entbrannt ist. Selig sind dann alle, die sich da auf Gott verlassen. Sagt allein frei mit dem Geist Christi: »Ich will mich vor hunderttausend nicht fürchten, obgleich sie mich umlagern.«

Ich halte aber dafür, allhier werden mir unsere Gelehrten die Güte Christi vorhalten, die sie auf ihre Heuchelei zerren. Aber sie sollen dagegen auch den Eifer Christi ansehen (Joh. 2, Psalm 68), wenn er die Wurzeln der Abgötterei zerstört, wie Paulus im 3. Kapitel des Kolosser-Briefes sagt, daß um dieser willen der Zorn Gottes nicht von der Gemeinde ferngehalten werden kann. Hat er nun das nach unserer Ansicht Kleine herniedergerissen, so würde er ohne Zweifel auch die Götzen und Bilder nicht geschont haben, wenn sie dagewesen wären, wie er dann selber durch Moses befohlen hat (Deutr. 7), wo er sagt: »Ihr seid ein heiliges Volk. Ihr sollt euch über die Abgöttischen nicht erbarmen. Zerbrecht ihre Altäre! Zerschmeißet ihre Bilder und verbrennt sie, auf daß ich nicht mit euch zürne!«

Diese Worte hat Christus nicht aufgehoben. Im Gegenteil: Er will sie uns erfüllen helfen (Matth. 5). Es sind die Figuren alle durch die Propheten ausgelegt, aber dies sind helle, klare Worte, welche ewig bestehen müssen (Jes. 40). Gott kann nicht heute Ja und morgen Nein sagen, denn er ist unwandelbar in seinem Worte (Mal. 3; 1. Reg. 15; Num. 22). Daß aber die Apostel die Abgötter der Heiden nicht zerstört haben, beantworte ich so: Sankt Peter ist ein furchtsamer Mann gewesen, nach Gal. 2 hat er mit den Heiden geheuchelt. Er war aller Apostel Figur, so daß auch Christus von ihm sagte (Joh. im letzten Kapitel), daß er sich ganz heftig vor dem Tode gefürchtet hat. Daß er folglich (den Heiden) keine Ursache gegeben hat, ihn zu töten, ist leicht zu ermessen. Aber Sankt Paulus hat ganz hart wider die Abgötterei geredet (Act. 17). Hätte er seine Lehre in Athen zum Abschluß bringen können, dann hätte er ohne Zweifel die Abgötterei ganz herniedergeworfen, wie Gott durch Moses befohlen hat und wie es auch hernach durch die Märtyrer geschah in bewährten Historien.

Deshalb ist uns mit Fehlern oder Nachlässigkeiten der Heiligen keine Ursache gegeben, den Gottlosen ihre Art und Weise zu lassen. Wenn sie schon Gottes Namen mit uns bekennen, sollen sie unter zweien eines erwählen, den Christenglauben gar verleugnen oder die Abgötter beseitigen (Matth. 18). Daß aber unsere Gelehrten herkommen und mit dem Daniel in ihrer gottlosen, gestohlenen Weise sagen, daß der Widerchrist ohne Handanlegen zerstört werden soll, ist zuviel. Er ist schon so verzagt, wie es das Volk war, als die Auserwählten ins Gelobte Land wollten, wie Josua schreibt. Dieser hat sie gleichwohl mit der Schärfe des Schwertes nicht verschont. Sieh an den 43. Psalm und I. Chronik 14, da wirst du die Auflösung finden. Sie haben das Land nicht durch das Schwert gewonnen, sondern durch die Kraft Gottes; aber das Schwert war das Mittel, wie uns Essen und Trinken ein Mittel sind zu leben. Also ist auch das Schwert nötig, die Gottlosen zu vertilgen (Röm. 13).

Damit das nun aber redlicherweise und füglich geschehe, sollen das unsere teuren Väter, die Fürsten, tun, die Christum mit uns bekennen. Wenn sie das aber nicht tun, wird ihnen das Schwert genommen werden (Daniel, 7. Kapitel), denn sie bekennen ihn nur mit den Worten und verleugnen ihn mit der Tat (Tit. 1). Also sollen sie zunächst den Feinden den Frieden anbieten (Deutr. 2). Wenn sie aber geistlich sein und die Kunst Gottes nicht berechnen wollen (1. Petr. 3), soll man sie wegtun (1. Kor. 5). Aber mit dem frommen Daniel bitte ich für sie, wenn sie nicht Gottes Offenbarung entgegen sind. Wenn sie aber das Widerspiel treiben, soll man sie ohne alle Gnade erwürgen, wie Hiskia, Josia, Cyrus, Daniel, Elias (3. Regum 18) die Pfaffen Baals vernichtet haben. Anders kann die christliche Kirche nicht wieder zu ihrem Ursprung kommen. Man muß das Unkraut ausraufen aus dem Weingarten Gottes in der Zeit der Ernte, dann wird der schöne rote Weizen beständige Wurzeln bekommen und recht aufgehen (Matth. 13). Die Engel aber, die ihre Sicheln dazu schärfen, sind die ernsten Knechte Gottes, die den Eifer göttlicher Weisheit vollführen (Mal. 3).

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