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Studenten protestieren gegen die Bildungs- und Hochschulreform (25. Juni 2009)

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Gleich nach den bundesweiten Demonstrationen am vergangenen Mittwoch begann das Zahlenspiel. Die Polizei zählte rund 100000 Teilnehmer, die Organisatoren sprachen von 240000 und blieben tapfer bei dieser Schätzung, als längst augenscheinlich wurde, wie licht ihre Reihen vielerorts waren. Wer genau hinschaute, machte zudem eine überraschende Entdeckung: Der Anteil der Minderjährigen unter den Demonstranten war hoch. Mancherorts waren sie gar in der Mehrheit, und sie trabten keineswegs nur brav hintendrein. »Die Schüler sind offenbar wieder stärker bemüht, Anschluss an die Politik zu finden, sich zu organisieren und zu artikulieren«, sagt der Soziologe Tino Bargel. Einige Bildungsexperten mutmaßen bereits, womöglich sei das Pendel nach einer Phase extrem pragmatischer Einstellungen bei der gegenwärtigen Studentengeneration dabei, zurückzuschwingen hin zu einer neuen Politisierung – ungeahnte Aussichten für künftige Protestwellen.

Für den aktuellen Bildungsstreik allerdings heißt das zugleich: Er dürfte kaum nachhaltig sein. Die Schüler sind in ihrer Politisierung noch nicht weit genug fortgeschritten, und noch fehlt den lange protestunwilligen Studenten die zornige Frusterfahrung vergeblicher Proteste. Das immerhin könnte schnell anders werden – dann nämlich, wenn die Politik ihre mit Nachdruck vorgebrachten Forderungen im Stile von Schavans Äußerung jetzt einfach ignoriere, sagt Bargel. »Doch selbst bei den 68ern hat es fünf Jahre gedauert, bis es zur Rebellion kam.«



Quelle: Jan-Martin Wiarda und Martin Spiewak, „Klüger werden – Baustelle Bildung“, Die Zeit, Nr. 27, 25. June 2009.

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