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Bundeskanzler Gerhard Schröder stellt die „Agenda 2010” vor (14. März 2003)

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Dieses Programm ist die notwendige Ergänzung zu unseren Strukturreformen auf der Angebotsseite, die ich Ihnen erläutern werde. Beides bedingt einander: Ohne Strukturreformen verpufft jeder Nachfrageimpuls. Ohne konjunkturelles Gegensteuern laufen die Reformen indessen ins Leere.

Deswegen setzen wir an beiden Seiten an. Wir werden — wie geplant — die nächsten Stufen der Steuerreform mit einem Entlastungsvolumen von rund 7 Milliarden Euro am 1. Januar 2004 und von 18 Milliarden Euro am 1. Januar 2005 ohne Abstriche umsetzen.

Der Eingangssteuersatz wird dann gegenüber 1998 von 25,9 auf 15 Prozent und der Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent sinken.

Mehr ist nicht zu verkraften. Das muss man klar gegenüber denjenigen sagen, die als Patentrezept Steuersenkungen, bis der Staat draufzuzahlen hat, anbieten. Auch das gehört zur Wahrheit in diesem Land.

Wollte man die Forderungen, die in die Welt gesetzt werden — sie gehen übrigens keineswegs nur zulasten des Bundes, sondern auch zulasten der Länder und der Kommunen; das wissen Sie doch alle —, wirklich realisieren, ginge das nur über eine Neuverschuldung oder die Erhöhung von Verbrauchsteuern. Anders wäre das nicht vernünftig finanzierbar.

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Arbeit und Wirtschaft, das ist das Herzstück unserer Reformagenda. Eine dynamisch wachsende Wirtschaft und eine hohe Beschäftigungsquote sind die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Sozialstaat und damit für eine funktionierende Soziale Marktwirtschaft. Wir wollen das Ziel nicht aufgeben, dass jeder, der arbeiten kann und will, dazu auch die Möglichkeit bekommt.

Wir haben die Arbeitsmärkte deshalb für neue Formen der Beschäftigung und der Selbstständigkeit geöffnet. Wir haben das Programm „Kapital für Arbeit” aufgelegt. Wir haben die Bedingungen für die Vermittlung der Arbeitslosen durchgreifend verbessert. Wir haben Rechte und Pflichten der Arbeitsuchenden in ein neues Gleichgewicht gebracht.

Wir sind dabei, die Bundesanstalt für Arbeit so umzubauen, dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen kann, nämlich Arbeitslose in Arbeit zu vermitteln und sie nicht bloß zu verwalten.

In den letzten Monaten haben wir — teilweise auch gemeinsam — erhebliche Anstrengungen unternommen, den Arbeitsmarkt weiter zu flexibilisieren: Wir haben die Zeit- und Leiharbeit von bürokratischen Beschränkungen befreit und so aufgewertet, dass die Unternehmen ihren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften flexibel decken können. Wir haben die gering bezahlten Jobs bis 800 Euro massiv von Abgaben entlastet.

Diese Rahmenbedingungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werden wir weiter deutlich verbessern.

Unser System der Arbeitsvermittlung hat unverkennbare Schwächen. Zu Zeiten der Vollbeschäftigung fiel das nicht weiter ins Gewicht und dann haben wir uns 20 Jahre Diskussionen geleistet, ohne die Fehlentwicklungen zu korrigieren.

Wir haben die nötigen Reformen angepackt. Aber jetzt müssen die Unternehmen, die offene Stellen zu besetzen haben, diese Angebote einer erneuerten Arbeitsverwaltung auch annehmen.

Wir haben die Möglichkeiten zur befristeten Beschäftigung verlängert, wie es gefordert worden ist, für die über 50-Jährigen sogar ohne zeitliche Grenze. Auch das ist eine Maßnahme, um ältere Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Ich appelliere an die Wirtschaft, das auch zu tun. Denn es ist nicht Sache der Bundesregierung, sondern der Unternehmen, so zu verfahren, dass auch jemand, der 50 oder älter ist, im Betrieb seine Chance behält oder wiederbekommt. Das ist eine Verantwortung, die nicht nur bei der Politik abzuladen ist, sondern die die ganze Gesellschaft und speziell die Wirtschaft angeht. Auch sie müssen Verantwortung für das Gemeinwesen übernehmen.

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