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Der Vorsitzende von DaimlerChrysler, Jürgen Schrempp, verteidigt die Globalisierung als Chance (2. Juli 1999)

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9. Globalisierung entmachtet nicht Nationalstaaten, sondern führt zu einer neuen Partnerschaft von Wirtschaft und Politik.

Der Politik ist der Wettbewerb weitgehend fremd. Jahrhundertelang konnten Regierungen in ihren Ländern nach eigenem Belieben gestalten. Heute stehen dagegen die Politiker der Welt in unmittelbarer Konkurrenz zueinander. Die zentrale Frage lautet: Wie läßt sich angesichts der teilweise unterschiedlichen marktwirtschaftlichen Ansätze die politische Steuerungsfähigkeit stärken? Denn nationale Regierungen können nur noch begrenzt beeinflussen und steuern. Dies macht Nationalstaaten nicht überflüssig. Als Garanten für Freiheit und Rechtstaatlichkeit bleiben sie das Fundament jeder neuen internationalen Ordnung – ihre Rolle wird sich aber verändern.

Übergreifendes Denken und wirtschaftliches Handeln ist jetzt erforderlich, um die Wachstumspotentiale offener Märkte zu nutzen. Doch so, wie internationale Unternehmen an den nationalen Standorten einen ordnungspolitischen Rahmen befürworten, gilt dieser auch auf globaler Ebene. Gerade international tätige Unternehmen brauchen auf globalen Märkten Rechtssicherheit. Nicht um das Netz der Regulierung enger zu knüpfen, sondern um Wachstumspotentiale offener Märkte freizusetzen. Uns ist klar: Wirtschaftlichen Erfolg können wir als Unternehmen nur mit und nicht gegen die Politik erzielen.

10. Unseren zukünftigen Wohlstand gewinnen wir nicht durch Wahrung unseres Besitzstandes, sondern nur durch weitere Öffnung der Märkte.

Wir haben in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte bei der Öffnung von Märkten erreicht. Doch ich bin besorgt über die wachsenden Bestrebungen gegen den freien Welthandel. Wir stehen heute mit unseren Ländern an einer entscheidenden Wegmarke: Wollen wir die Globalisierung gestalten, sie zu einem Beschäftigungsprogramm für ganz Europa machen oder entschließen wir uns zu Protektionismus, zu staatlichen Eingriffen, die die Kräfte des Marktes einschränken? Die Forderung nach Reglementierung und Abschottung unserer Staaten sind nicht nur ein Mißtrauensvotum gegen Europa und seine Bürger. Sie sind in letzter Konsequenz ein Akt unsozialer Politik. Denn offene Märkte sind eine eminent soziale Veranstaltung. Wir brauchen jetzt gemeinsame Leadership von Politik und Wirtschaft, um die aufkommende Welle des Protektionismus zu brechen. Zwei große Aufgaben stehen dabei im Mittelpunkt: die Schaffung eines transatlantischen Marktes zwischen Europa und Nordamerika und die Osterweiterung der Europäischen Union. Weder die EU noch der transatlantische Markt dürfen zu einem exklusiven Club werden. [ . . . ]

Meine Damen und Herren, wir stehen an einer Wegmarke, um die Zukunftsfähigkeit und den Wohlstand unserer Länder und ihrer Menschen im harten globalen Wettbewerb zu sichern. Ich bin fest davon überzeugt: An der Schwelle zu einem neuen Jahrhundert können die globalen Unternehmen hierzu nicht nur einen Beitrag leisten. Sie müssen. Vielen Dank.



Quelle: Rede des DaimlerChrysler-Vorstandschefs, Jürgen E. Schrempp, zur Globaliserung beim 7. Jahreskolloquium der Alfred Herrhausen Gesellschaft am 2. und 3. Juli in Berlin, abgedruckt in Internationale Politik, Nr. 8, 1999, S. 114-18.

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