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Deutsche Gewerkschaften stellen sich gegen den Abbau des Sozialstaates (5. März 1997)

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4. Öffentlich geförderte Beschäftigung durch aktive Arbeitsmarktpolitik stabilisieren

Öffentlich geförderte Beschäftigung bleibt unverzichtbar. Sie darf nicht zu einem Sektor 2. Klasse verkommen, in dem die Tarifautonomie außer Kraft gesetzt und arbeitsrechtliche Schutzvorschriften abgebaut werden.

Die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik müssen weiterentwickelt werden.

Dazu gehören vor allem:

- betriebsnahe Instrumente zur Vermeidung drohender Arbeitslosigkeit und sozialverträglicher Gestaltung des betrieblichen Strukturwandels (Qualifikationsförderung mit Kurzarbeitergeld usw.),
- verstärkte Anreize zur beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung u.a. durch Verbindung von Teilzeit und Qualifikation,
- spezielle Programme für Langzeitarbeitslose vor allem auf kommunaler Ebene, die durch den flexiblen Einsatz der Förderinstrumente und die Kombination mit kommunaler Beschäftigungsförderung neue Perspektiven eröffnen,
- ein Rechtsanspruch für arbeitslose Jugendliche auf Arbeitsförderungsmaßnahmen,
- die Einbeziehung von Sozialhilfeempfängern in Arbeitsförderungsmaßnahmen der Arbeitsämter, die aus Steuermitteln bezahlt werden müssen,
- die besondere Berücksichtigung der Frauen bei Qualifizierung und Arbeitsbeschaffung,
- der Ausschluß der Vermittlung Arbeitsloser in tarifwidrige Arbeitsverhältnisse sowie die wirksame Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und der illegalen Leiharbeit.

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V. Unser Weg

Das Bündnis für Arbeit ist an dem fehlenden Willen der Bundesregierung zur beschäftigungspolitischen Initiative und an der Konfrontationsstrategie der Spitzenverbände der Arbeitgeber gescheitert. Darauf haben die Gewerkschaften mit der Kampagne für Arbeit und soziale Gerechtigkeit geantwortet. Darauf bauen wir bei der Durchsetzung unseres Aktionsprogramms auf.

Die Rekordarbeitslosigkeit zeigt, daß die bisherige Politik dieser Bundesregierung falsch ist. Ihr Kurs in der Wirtschafts- und Finanzpolitik hat unser Land in eine dramatische Beschäftigungskrise geführt. Deshalb ist ein Politikwechsel dringend geboten.

Staatlich verordnetem Sozialabbau und Angriffen auf die Tarifautonomie durch die Koalition und die Spitzenverbände der Arbeitgeber haben hunderttausende Menschen Widerstand entgegengesetzt. Eine Politik, die sozial ungerecht und beschäftigungspolitisch verantwortungslos ist, hat in diesem Lande keine Mehrheit.

Wir wollen unsere Kampagne für Arbeit und soziale Gerechtigkeit fortführen. Wir werden die soziale Bewegung erneuern und erweitern, die am 15. Juni 1996 in Bonn Signal zum Protest gegen eine arbeitnehmerfeindliche Politik und für eine sozialökologische Reformpolitik gegeben hat.

Wir setzen auf die Mobilisierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die gesellschaftliche Solidarisierung, die weit über die Gewerkschaften hinausgehen muß.

Wir fordern von den Arbeitgebern und von der Politik die Verantwortung und die Verpflichtung für neue Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit ein. Wir wollen ein entschlossenes und, wo möglich, gemeinsames und zielgerichtetes Handeln, damit die Beschäftigungskrise überwunden und die sozialstaatliche Demokratie gesichert werden können.

Wir vertrauen auf die Überzeugungskraft unserer Argumente. Wir setzen auf die Gestaltungskraft der solidarischen Aktion.

Die Zukunft unseres Landes entscheidet sich nicht nur an Wahltagen, sondern auch im betrieblichen und gesellschaftlichen Alltag. Es kommt entscheidend darauf an, daß es den Gewerkschaften gelingt, auch künftig Menschen für ihre Ziele zu gewinnen und zu mobilisieren.

Wir fordern alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, sich in den Gewerkschaften zu organisieren und zu engagieren.

Wir werden uns vermehrt um Bündnispartner bemühen, denen wir im Kampf um die Grundwerte von Demokratie und Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit verbunden sind.

Wir wollen gemeinsam für Arbeit und soziale Gerechtigkeit streiten.



Quelle: DGB Aktionsprogramm, „Für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“, www.dgb.de, 5. März 1997.

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