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Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern (Januar 1997)

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Bisheriger Verlauf

1. Die soziodemographische Entwicklung war gekennzeichnet durch einen Rückgang der Bevölkerung infolge von Übersiedlung nach Westdeutschland, durch einen dauerhaften Ost-West-Pendlerstrom, durch einen extremen Geburtenrückgang und durch eine Verminderung der durchschnittlichen Haushaltsgröße. Die durchschnittliche Lebenserwartung war in der DDR und ist auch jetzt noch in den neuen Bundesländern um mehrere Jahre geringer als in den alten Bundesländern.

2. Die wirtschaftliche Entwicklung in Bezug auf die Einkommen und die Verfügbarkeit der Güter verlief im Vergleich zum Ausgangszustand zwar sehr positiv, blieb aber hinter den anfänglichen euphorischen Erwartungen zurück. Die ostdeutsche Produktivität hat – ausgehend von einem Drittel – erst gut die Hälfte des westdeutschen Wertes erreicht. Der Produktivitätszuwachs müßte im Osten etwa ein Vierteljahrhundert lang um drei Prozentpunkte pro Jahr höher sein als im Westen, damit ein Gleichstand erreicht würde. Erst dann wären gleich hohe Löhne ökonomisch tragbar. Dies ist ein äußerst ehrgeiziges Ziel, das keineswegs mit Sicherheit erreicht werden wird.

3. Im Ost-West-Vergleich hat sich das verfügbare Durchschnittseinkommen der privaten Haushalte von 47,7 Prozent (1991) auf 78 Prozent (1994) erhöht. Zwischenzeitlich ist die Annäherung weiter vorangekommen. Das Preisniveau ist zwar ebenfalls stark gestiegen, liegt jedoch immer noch etwas niedriger als im Westen, so daß der Unterschied in den Realeinkommen noch etwas geringer ist. Die Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit machen im Osten 1994 noch 91,5 Prozent des Volkseinkommens aus, während sie im Westen bei 70,1 Prozent liegen. Der Anteil der empfangenen Transfers am Haushaltseinkommen ist in den neuen Bundesländern noch weit höher als im Westen. In beiden Punkten besteht ein Anpassungsbedarf, der zu starken sozialen Konflikten führen kann.

4. Die Verteilung der Arbeitseinkommen und der gewichteten Nettoeinkommen pro Kopf war in der ehemaligen DDR wesentlich weniger ungleich als in den alten Bundesländern. Die Ungleichheit hat in den neuen Bundesländern jedoch deutlich zugenommen, wenn sie auch noch nicht das Ausmaß der westdeutschen Einkommensungleichheit erreicht hat. Relative Auf- und Abstiege waren anfänglich viel häufiger als im Westen, jedoch ist inzwischen eine Stabilisierung eingetreten. Personen der obersten Schicht hatten die wenigsten Abstiege zu verzeichnen. Der Anteil der Einkommensarmen (50 Prozent-Grenze) ebenso wie der Anteil der Sozialhilfeempfänger hat in den neuen Bundesländern zwar deutlich zugenommen, aber das westdeutsche Niveau noch nicht erreicht.

5. Die Verteilung des Vermögens unter den privaten Haushalten ist in den neuen Bundesländern weit ungleichmäßiger als in den alten. Dies rührt aber nicht von einer starken Konzentration der Anteile am Unternehmensvermögen her, das im Osten erst im Aufbau begriffen ist, sondern von einer stärkeren Konzentration von Grundstücken und Gebäuden, die sich in Händen von etwa 25 Prozent der Haushalte befinden. Ein wesentlicher Teil des privatisierten Staatsvermögens ist in die Hände von Westdeutschen und Ausländern übergegangen.

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